Gastkommentar Düsseldorf darf man nicht den Investoren allein überlassen
Düsseldorf · Unser Gastautor Wolfgang Rolshoven, der Baas der Jonges, sagt, dass es für bezahlbaren Wohnraum mehr als nur guten Willen braucht.
Viele Mieter, vor allem ältere, haben Angst. Sie lesen in ihrer Zeitung, wie jung und schön und attraktiv Düsseldorf dasteht. Und sie wissen auch die Statistik zu deuten. Die Mietpreise sind in Düsseldorf in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent gestiegen (derzeit liegt der Quadratmeterpreis im Durchschnitt bei einer Neuvermietung bei 10,42 Euro), die Preise für Eigentumswohnungen haben sich in dieser Zeit sogar verdoppelt. Keine Frage: Es gibt ihn, den Verdrängungswettbewerb. Niemand hängt an die große Glocke, wenn Auszugsprämien gezahlt werden.
Das Thema Wohnen wird 2020 in Düsseldorf ein großes Wahlkampfthema sein. Es werden von allen Parteien umfassende Konzeptpapiere vorgelegt, mit dem sie heilen wollen, was heilungsbedürftig ist. Ja, der von vielen gepriesene Markt als Regulierungsinstanz hat viel Kredit verspielt. Manche Markterscheinungen zeigen die Fratze des bösen Kapitalismus. Abschreckende Beispiele sind die Bodenspekulationen im Gerresheimer Glasmacherviertel und in Benrath. Eine Familie mit zwei Kindern und nur einem Einkommen kann sich keine Wohnung mehr in Düsseldorf leisten. Das ist erschreckend für unsere Heimatstadt.
Vom Menschenrecht Wohnen ist die Rede. Dieses Recht aber ist nicht einklagbar. Es hilft denen, die miese Spielarten der Modernisierung von Wohnraum oder dessen Vernichtung erleben, nicht. Wenn in Berlin bereits Überlegungen greifen, große Wohnungsunternehmen zu enteignen, erkennen wir Notstand.
Das Thema ruft nach Lösungen. Daran wollen wir Jonges uns als Heimatverein beteiligen und Diskussionsprozesse anstoßen. In die Höhe bauen? Die Innenstadt verdichten und damit Luftschneisen zubauen? Nur noch öffentlich geförderte Quartiere errichten?
Investoren sehen sich mit großem Argwohn betrachtet. Wer nur die Rendite im Auge hat, darf nicht damit rechnen, als Gut- oder Christenmensch dekoriert zu werden. Bezahlbaren Wohnraum, so glaube ich, wird es in Privathand nicht geben. Die Stadt selbst muss als Bauherr und Vermieter auftreten, um die Spekulation einzudämmen.
Die Bereitstellung von bezahlbaren Wohnungen ist aus meiner Sicht eine staatliche Aufgabe. Die Sünden der Vergangenheit holen die Kommunen ein. Seinerzeit wurden die kommunalen und landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften an private Investoren veräußert, und deren Mieten sind von den Mietern heute kaum noch bezahlbar. Der Staat sollte sich Dienstleister aus der Wirtschaft holen, die für ein Honorar günstige Wohnungen auf kommunalen Grundstücken errichten, die dann aber auch in staatlicher Hand bleiben. Warum muss der Staat die Flächen für solche Projekte überhaupt verkaufen? Die Kirchen verkaufen seit über 1000 Jahren keine Grundstücke.
Es gibt gewisse relevante Grundversorgungsbereiche, die meiner Ansicht nach beim Staat bleiben sollten. Dazu gehören beispielsweise die Wasserversorgung, der öffentliche Schienenverkehr, oder eben bezahlbare Mietwohnungen. Die sollte man nicht privatisieren, weil das am Ende immer darauf hinausläuft, dass die Mieter wirtschaftlich übervorteilt werden. Man kann doch nicht ernsthaft glauben, dass ein professionelles Wohnungsunternehmen dauerhaft auf Gewinne verzichtet, damit es den Mietern gut geht.
Die Forderungen der Investoren, die Grundstücke der öffentlichen Hand billiger abzugeben oder die 19-prozentige Mehrwertsteuer zu erlassen und dann dafür die Wohnungen billiger abzugeben oder zu vermieten, halte ich für naiv.
Das bringt kommunale Wohnungsgesellschaften nach vorn. Die Düsseldorfer Gesellschaft SWD ist über Jahre nicht aus den Puschen gekommen, hat aber nun endlich Fahrt aufgenommen. Reichen wird das noch nicht, weil noch immer mehr Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen als neue entstehen. Aber es ist wenigstens ein Anfang.
Wolfgang Rolshoven ist der Baas der Düsseldorfer Jonges.
Archivfoto: Judith Michaelis