„Thomas Manns innere Entwicklung soll dargestellt werden“
Volkmar Hansen, ehemaliger Leiter des Goethe-Museums, über die Ausstellung „Luther und Thomas Mann“ in der Uni-Bibliothek.
Anlässlich des 500. Jahrestages der Reformation (Luthers Thesenanschlag) wurde in der Universitäts- und Landes-Bibliothek (ULB) am Campus eine Ausstellung über das wechselhafte Verhältnis des Schriftstellers Thomas Mann zu Martin Luther aufgebaut. Kurator ist der Literaturwissenschaftler und ehemalige Leiter des Goethe-Museums Professor Dr. Volkmar Hansen. Die Schau ist noch bis zum 11. Januar zu sehen. Wir sprachen mit Volmar Hansen.
Herr Professor Hansen, warum befindet sich die Ausstellung nicht mitten in der Stadt, sondern in der Bibliothek des Uni-Campus’?
Volkmar Hansen: Es gibt in der ULB die berühmte Thomas-Mann-Sammlung Hans Otto Mayer. Darum bot es sich einfach an, aus Teilen der Bestände diese Ausstellung über Thomas Mann und Luther zusammenzustellen. Wahrscheinlich wird sie danach auch noch in Bonn gezeigt.
Kommen hauptsächlich Studenten?
Hansen: Studenten laufen ständig da rum, schauen aber nur mal rein. Es kommen aber auch ganz gezielt Besucher, die sich dann sehr lange dort aufhalten.
Welchen Akzent haben Sie in der Schau gesetzt?
Hansen: Thomas Manns innere Entwicklung soll dargestellt werden. Die Lübecker Jugend wurde sehr evangelisch aufgezogen. Den Kleinen Katechismus mussten alle auswendig lernen, und in den Gottesdiensten gab es Predigten und den Gemeindegesang. In Exponaten über die Schulzeit begegnen wir der Welt der ersten Glaubenszweifel. Der findet in den „Buddenbrooks“ schon im ersten Satz Ausdruck: „Was ist das?“ Und wenn Sesemi Weichbrodt am Schluss des Romans ausruft „Es ist so!“ — dann ist das nur noch Behauptung.
Woher kommen die Zweifel?
Hansen: Der Bruder Heinrich Mann ging in intellektueller Richtung vor. Und Thomas Mann lernt die Werke von Heinrich Heine und Friedrich Nietzsche kennen. Das blieb nicht ohne Einfluss.
Ändert sich dann wieder etwas?
Hansen: Thomas Mann bekennt sich später zum protestantischen Gefühl. Vor allem nach seiner Ausbürgerung 1936 entwickelt sich ein humanistisch-kämpferisches Bild. Thomas Mann entwirft ein religiös gefärbtes Anti-Programm zum Nationalsozialismus. Am Ende seines Lebens begann Thomas Mann noch ein Theaterstück, das er nicht mehr vollendete: „Luthers Hochzeit“. Davon zeigen wir Skizzen.
Gibt es neben Vitrinen auch optische Highlights?
Hansen: Wir präsentieren zwei Büsten, die sich Thomas Mann von dem Lübecker Bildhauer Hans Schwegerle anfertigen ließ. Eine zeigt den jungen Martin Luther, die zweite Thomas Mann selbst.