Düsseldorf Tortenwurf auf Sarrazin bei Autorenlesung
Proteste gegen den umstrittenen Autor in Düsseldorf. Doch das anwesende Publikum war auf der Seite des Ex-Bundesbankers.
Düsseldorf. Mit einem Eklat begann die Vorstellung des neuen Buches „Wunschdenken“ durch dessen Autor Thilo Sarrrazin in Düsseldorf. Schon 20 Minuten vor dem offiziellen Beginn hatten Sicherheitskräfte in der Mayerschen Buchhandlung einen Mann hinauskomplimentiert, der gerufen hatte: „Wir wollen keine Nazi-Propaganda“. Als der frühere Finanzsenator von Berlin und Ex-Bundesbanker dann den mit etwa 90 Zuhörern gefüllten Raum betrat, wurde er sofort durch einen Tortenwurf attackiert. Diese traf ihn nur teilweise, ein Security-Mann warf sich dazwischen. Auf Sarrazins blauem Anzug waren einige Sahnespuren zu sehen.
„Das war gefährlich, die waren nah an mir dran“, sagte er hinter den Kulissen, als er seinen Anzug reinigte. Vor dem mit 35 Minuten Verzögerung beginnenden Vortrag wurde zunächst polizeiliche Verstärkung geholt. Schon vorher hatten allerdings Polizeiwagen das Gebäude abgesichert, ein Sicherheitsdienst hatte Taschen der Zuhörer geprüft. Aber gegen die Torte offenbar keine Einwände gehabt.
Weil Sarrazin Strafanzeige gestellt hat, wird nun wegen tätlicher Beleidigung gegen den 25-Jährigen Tortenwerfer ermittelt. Strafmaß: maximal zwei Jahre. Möglich ist aber auch eine Geldstrafe.
Einige andere junge Männer aus der Gruppe des Angreifers durften bleiben und verhielten sich auch ruhig, als Sarrazin seine Thesen vor einem ihm im Übrigen wohlgesonnenen Publikum vorstellte. Vor den Zuhörern, die 15 Euro Eintritt bezahlt hatten und später ein handsigniertes Exemplar des Buches kaufen konnten, kommentierte der Kritik gewöhnte und in seinen eigenen Aussagen wenig zimperliche Sarrazin den Vorfall nicht.
Mit seinen kritischen Fragen und dem Hinterfragen war der Moderator und Chefredakteur, Ulli Tückmantel, ziemlich allein im Saal. Für Sarrazin war es quasi ein Heimspiel vor den Zuhörern, die seinen Thesen nicht widersprachen. Dass die Zuwanderung vor allem die Schwachen treffen werde, weil „Geld und Geist“ sich beizeiten ins Ausland absetzen würden. Dass zugewanderte Analphabeten aus ihren Heimatländern Frauen nachreisen ließen, die zu ihnen passen. Und dass sich Afrika durchaus aus eigener Kraft entwickeln und dabei auch von den Deutschen lernen könne. Politikern gestand er zu, dass es in dieser Berufsgruppe zwar tüchtige Leute, aber auch mehr und mehr „geistige Pygmäen“ gebe. Er selbst dagegen habe sich in seiner Laufbahn „im Erfolg gesonnt“.
Warum er immer noch in der SPD sei, wollte Tückmantel wissen und ob er sich nicht als intellektueller Wegbereiter der AFD sehe. Er habe sich nicht geändert, wohl aber die SPD, so Sarrazins Antwort. „Und hätte die SPD-Führung mehr auf mich gehört, läge sie nicht unter 20 Prozent“, sagte er voll Selbstbewusstsein. Und: Hätte es vor ein paar Jahren eine andere Debatte über sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ gegeben, gäbe es keine AFD. So bekam er immer wieder Applaus. Kritische Moderatoren-Fragen prallten an Sarrazin mindestens so sehr ab wie die Torte.