Versorgungshotline in Düsseldorf Eine neue Telefonnummer für soziale Anliegen
Düsseldorf · Die Versorgungshotline ist in der Corona-Krise entstanden, um Senioren in der Quarantäne bei Einkäufen zu unterstützen. Seitdem hat sich die Nummer aber verändert – sie wird nun zum Instrument für die Seniorenhilfe.
Einige fragten, ob sie ihre getragenen Masken waschen können, andere haben sich über Baustellen vor der Haustür beschwert, einzelne haben auch darüber gesprochen, dass sie sich von ihrem Partner trennen wollen – seit März 2020 hat die Versorgungshotline des Sozialamts weit mehr als 12 500 Kontakte verzeichnet. Die Nummer wurde zu Beginn der Pandemie eingerichtet für ältere Menschen, die in der Quarantäne niemanden haben, der Lebensmittel und Medikamente besorgen kann. In den zwei Jahren hat sich aber gezeigt: Die Hotline wird mittlerweile hauptsächlich für andere Anliegen genutzt und soll nun auch zum neuen Instrument für die sogenannte aufsuchende Hilfe werden.
Anfangs sei die Nachfrage bei der Versorgungshotline groß gewesen, sagt Hartmut Wienen vom Amt für Soziales. In drei Schichten, auch am Wochenende, wurden die Anrufe angenommen, das Team wurde auf zehn Personen aufgestockt. Die Besorgungen haben die Ehrenamtlichen der Zentren plus in den Stadtteilen übernommen. Ein großer Teil der Anfragen hatte jedoch nichts mit der Lebensmittelversorgung zu tun, sagt er. So war die Nummer auch häufig Anlaufstelle für Angehörige, die nicht vor Ort waren und Infizierten helfen konnten, es kamen Anrufe aus der Schweiz oder aus Moskau. Oft ging es aber auch einfach nur ums Sprechen, erzählt Sozialarbeiterin Sibylle Florin.
Denn vor allem Senioren wurden von den Einschränkungen und der Einsamkeit in der Pandemie schwer getroffen. Das zeigen etwa die Zahlen der Zentren plus: Noch im Januar 2020 wurden für die 20 Hauptstandorte mehr als 39 000 Kontakte registriert, im darauffolgenden April waren es nur noch 1019. Zwar verbesserte sich die Lage danach, aber auch im April 2021 lagen die Kontakte erst wieder bei 5396. Dafür stiegen im Gegenzug die qualifizierten Beratungen von 840 im Januar auf 2511 im April 2020.
Auch bei der Versorgungshotline wurde ein Teil der Beratung geleistet: Zum Start der Impfungen für über 80-Jährige etwa war das Team im Einsatz – zum Teil haben die Beschäftigten Termine für die Senioren vereinbart, die mit der Online-Terminbuchung nicht klarkamen. Und auch bei der Flut im vergangenen Juli wurden über die Nummer Anfragen von Betroffenen und Hilfen koordiniert. „Wir hatten das vor der Pandemie so nicht im Bewusstsein“, sagt Wienen. „Aber es ist sinnvoll, eine separate Hotline für soziale Anliegen zu haben.“
Denn der Kontakt über die Hotline könnte zum Türöffner zu Menschen werden, die die Hilfe benötigen, sich aber scheuen, im Sozialamt darum zu bitten. Zudem können Betroffene mittlerweile viele Anträge online stellen. Die Sozialarbeiter lernen also viele Menschen nicht mehr persönlich kennen, die eigentlich noch weitere Unterstützung gebrauchen könnten. Diese Lücke könnte die Versorgungshotline künftig schließen, hofft Hartmut Wienen.
Ziel sei es, dass die Leute nicht mehr spontan ins Amt kommen. „Wir können uns sonst auf die individuellen Anliegen nicht vorbereiten, oftmals fehlen dann Unterlagen“, sagt Wienen. „Wir wollen uns für Beratungsgespräche, die sinnvoll sind, auch ausreichend Zeit nehmen.“ Stattdessen sollen die Mitarbeiter bereits in einem ersten Telefongespräch herausfinden, wie die Person am anderen Ende der Leitung lebt, wie ihr soziales Umfeld aussieht, wo sie Hilfe gebrauchen könnte. Nach dieser Anamnese können die Sozialarbeiter die nächsten Instanzen einschalten, beim Stellen von Anträgen helfen, externe Hilfsorganisationen einschalten oder auch ehrenamtliche Tätigkeiten vermitteln, um Einsamkeit entgegenwirken. Wer auf diese Weise einmal Kontakt zum Sozialamt hatte und Vertrauen gefasst hat, für den sei der Weg zu einem Beratungsgespräch vor Ort auch einfacher, sagt Hartmut Wienen. Je nach Fall können die Kontakte so über Wochen oder Monate dauern, bis sie für das Sozialamt als abgeschlossen gelten. Sozialarbeiterin Sibylle Florin etwa hat einen blinden 80-Jährigen betreut, der eigentlich nur Grundsicherung und einen Schwerbehindertenausweis beantragen wollte. Daraus habe sich eine längere Begleitung ergeben, die auch Hausbesuche eingeschlossen hat, wie sie erzählt. „Zu der Beratung gehört dann auch, dass ich dem Mann mal einen Faden durch ein Nadelöhr gezogen habe.“ Im Laufe der Gespräche habe sie zudem eine Teilhabeberatung für Menschen mit Erblindung und finanzielle Unterstützung organisiert.
Die ursprüngliche Versorgungshotline soll nach Ende Pandemie abgeschaltet werden und in eine neue Nummer überführt werden.