Düsseldorf Vor 300 Jahren starb Jan Wellem
Wer war der Herrscher, der Düsseldorf so prägte? Ein barockes Oberhaupt, aber auch ein Verwaltungsmann.
Düsseldorf. Kurfürst Johann Wilhelm II ist in Düsseldorf immer präsent, denn seiner Reiterdenkmal steht vor dem Rathaus. Der Schöpfer war Gabriel de Grupello, von 1695 bis 1716 Hofbildhauer in Düsseldorf. Der Landesherr wollte sich damit ein Denkmal geben. Allerdings nicht in seiner Residenzstadt, sondern vor dem Jagdschloss in Bensberg. Dort sollte noch ein zweites Reiterstandbild, das seines Vaters Philipp Wilhelm, platziert werden, Doch dazu kam es nicht mehr. Noch bevor mit dem Guss begonnen werden konnte, starb Johann Wilhelm. Das war am 08.06.1716 vor 300 Jahren.
Aber wer war nun dieser Johann Wilhelm II., Kurfürst von Pfalz-Neuburg und Herzog von Jülich und Berg? Anlässlich des großen Jan-Wellem-Jahres vor acht Jahren zum 350. Geburtstag hat sich Stadtarchivar Benedikt Mauer intensiv mit dem barocken Herrscher beschäftigt, der typisch für seine Epoche war. Durch das spanische Hofzeremoniell, das auch am Kaiserhof praktiziert wurde, waren Auftreten und Darstellung der fürstlichen Familie penibel geregelt. Privatleben gab es so gut wie nicht.
Selbst bei den Jagden, der fürstlichen Freizeitbeschäftigung schlechthin, standen Jan Wellem und seine Ehefrauen immer unter Beobachtung. Wie er als Mensch gewesen ist? „Wir wissen es nicht. Berichte über seine Tugendhaftigkeit sind mit Vorsicht zu genießen, und mit Kritik hielt man sich damals tunlichst zurück“, sagt Mauer. Dass er mit den Bürgern im En de Canon gezecht haben soll, wie es im 19. Jahrhundert kolportiert wurde, hält Mauer für äußerst unwahrscheinlich. Dafür war Jan Wellem zu sehr auf seine Standeswürde bedacht.
Geboren wurde Jan Wellem am 19. April 1658 im Düsseldorfer Schloss als ältester Sohn des so genannten „Schwiegervaters“ Europas. Er hatte 17 Geschwister, von denen 13 das Erwachsenenalter erreichten. Die älteste Schwester wurde mit Kaiser Leopold von Österreich verheiratet, weitere Schwestern wurden Königinnen von Spanien und Portugal. Johann Wilhelm II selbst wurde doppelter „Kaiserschwager“, denn er heiratete die Erzherzogin Maria Anna Josepha von Österreich.
Der Erbprinz hatte die Kaiser-Prinzessin am Ende seiner dreijährigen Kavalierstour kennen gelernt. Man verstand einander, der einzige Nachteil war damals nur, dass Johann Wilhelm kein regierender Herrscher war. Noch nicht. Denn damit er die Habsburger Prinzessin heiraten konnte, trat sein Vater ihm das Herzogtum Berg ab und zog sich nach Pfalz-Neuburg zurück.
Jetzt saß der noch nicht einmal 20-jährige Herzog im Düsseldorfer Renaissanceschloss und bemühte sich, die Residenz so auszubauen, wie es seinen Vorstellungen von einer barocken Residenz entsprach. Selbst Pläne für ein großes Schloss ließ er erarbeiten. Ob dieses allerdings für Düsseldorf in der so genannten Neustadt in Höhe des heutigen Polizeipräsidiums oder für Heidelberg gedacht war, darüber streiten sich heute die Gelehrten.
An seinem Hof gingen Künstler ein und aus. Die von Jan Wellem und seiner zweiten Frau Anna Maria Luisa de Medici zusammengetragene Gemäldesammlung lockte auch umworbene zeitgenössische Künstler wie Adriaen van der Werff oder Rachel Ruysch. Bedeutende Komponisten widmeten dem Kurfürsten Hauptwerke, etwa Corelli, der für Jan Wellem ein Kammerkonzert schrieb.
Von all diesem Glanz der Jan-Wellem-Zeit ist in Düsseldorf nicht viel geblieben. Schon während Jan Wellems größter Machtfülle zeichnete sich ab, dass er gesundheitlich angeschlagen war. Auf der Wildschweinjagd am Hubertustag 1712 erlitt er einen Schlaganfall, weitere Schlaganfälle folgten. Daran starb er schließlich.
Nach Jan Wellems Tod begann der „Ausverkauf“. Sein Bruder und Nachfolger wollte lieber in Heidelberg und in Mannheim statt in Düsseldorf residieren, und nach einem Trauerjahr verabschiedete sich Anna Maria Luisa aus Düsseldorf. Die genauen Umstände werden im nächsten Düsseldorfer Jahrbuch beleuchtet, das Dienstag erscheint. Als wahres Erbe, so Mauer, blieb aber eine funktionierende Verwaltungsstruktur, die Wellem aufbaute. Es gab ein gut funktionierendes Gerichts- und Statthalterwesen, das auch in Abwesenheit des Landesherren arbeitsfähig war. „Ohne diese Strukturen wäre Düsseldorf wohl nie Hauptstadt der preußischen Rheinprovinz und nach 1945 des Bundeslandes Westfalen geworden“, sagt Mauer.