Animal Hoarding in Düsseldorf Wenn die Liebe zu Tieren zur Quälerei wird

Ob die 59 Katzen, die kürzlich gerettet wurden, überleben, ist ungewiss. Der Fall von Animal Hoarding ist nicht der erste. 2011 wurden 113 Pudel aus einem Reihenhaus befreit.

Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Selbst für einen erfahrenen Tierheimleiter war der Anblick ein Schock: In einem kleinen Reihenhaus in Garath mit einer Wohnfläche von gerade mal 70 Quadratmetern hausten 59 Katzen und ein Hund. Einer alleinstehenden Frau war die Haltung ihrer Tiere über den Kopf gewachsen. Die Katzen hatten sich unkontrolliert vermehrt. Auch Tage nach dem Fund klingt Tierheimleiter Frank Gassmann mitgenommen: „Die Tiere bekamen nicht genug Futter, der Kot der Tiere lag sogar im Waschbecken“, berichtet er.

Foto: Tierheim Düsseldorf

„Animal Hoarding“ (Tiere horten) nennt der Experte das krankhafte Sammeln und Halten von Tieren. „Davon spricht man immer dann, wenn eine große Anzahl von Tieren auf engstem Raum gehalten wird und die Mindestanforderungen an die Haltungsbedingungen sowie Ernährung, Pflege und Gesundheitsvorsorge nicht erfüllt sind“, heißt es in einer Stellungnahme des Veterinäramts. Eine „scharfe“ Definition, insbesondere im Hinblick auf die Tieranzahl, existiert nicht. „Selbstverständlich ist es möglich, auch eine größere Anzahl von Tieren artgerecht zu halten“, sagt auch Frank Gassmann. „Das hängt immer von den Haltungsbedingungen ab. Hält man etwa 20 kastrierte Kaninchen in einem Garten, ist das völlig okay.“

Im aktuellen Fall hatten Nachbarn der Frau das Veterinäramt informiert, das die Tiere beschlagnahmte. Gassmann und sein Team fingen sie ein und brachten sie ins Tierheim. Die Katzen sind noch immer von den Machtkämpfen auf engem Raum gezeichnet: Sie haben kahle Stellen im Fell und Bisswunden. Einige haben ihre Augen verloren.

Der Fall ist nicht der erste in Düsseldorf. Schon mehrfach sind die Behörden auf nicht artgerechte Tierhaltung aufmerksam gemacht worden. 1996 wurden 150 Katzen aus einer 40-Quadratmeter-Wohnung befreit. „Wir haben aber auch schon mehrfach etwa 30 Kleintiere auf engem Raum vorgefunden, einmal waren es sogar 60 Kaninchen, die sich unkontrolliert vermehrten, zu wenig Platz und Futter hatten“, sagt Gassmann.

Ständiges Gebell und ein beißender Gestank hatten auch 2011 Nachbarn auf den Plan gerufen. Sie schalteten das Veterinäramt ein, das in einer Doppelhaushälfte 113 Pudel vorfand. „Das war einer der krassesten Fälle“, erinnert sich Gassmann. Die damals 52-jährige Frau, die zusammen mit ihrer Tochter in dem Haus lebte, hatte die Hunde mehrere Monate unter unglaublichen Bedingungen gehalten: Jeweils sieben Hundewelpen waren in einen Käfig gesperrt, der nur einen Quadratmeter groß war. Weitere 70 Tiere entdeckten die Mitarbeiter des Veterinäramts in 16 Käfigen und Transportboxen. Die anderen Tiere liefen frei durchs Haus. Sämtliche Zimmer in dem Gebäude waren abgedunkelt, die Pudel mussten ohne Tageslicht auskommen. Auch Wasser hatte die Besitzerin ihren Tieren nicht gegeben.

Die Frau ist mittlerweile wegen Tierquälerei verurteilt worden: Sie musste 2100 Euro zahlen. Der Frau sei die Situation einfach über den Kopf gewachsen, hieß es bei der Gerichtsverhandlung. Die Pudel, die im Tierheim zunächst medizinisch versorgt wurden, konnten schließlich innerhalb weniger Tage in neue Familien vermittelt werden.

Ob es auch bei den Katzen ein solches Happy End geben wird, ist ungewiss. Denn die Tiere sind an Giardien, kleinen Dünndarm-Parasiten, erkrankt. „Bei dem schlechten Allgemeinzustand der Katzen kann jeder zusätzliche Infekt dazu führen, dass wir sie verlieren“, sagt Gassmann. Bis Januar werden die Katzen nun aufgepäppelt, dann sollen sie vermittelt werden.

Die Besitzerin hat auf ihre Ansprüche verzichtet. „Die Frau schien erleichtert, dass die Katzen nun in gute Hände kommen“, sagt Gassmann. „Sie sagte, ihr sei das alles über den Kopf gewachsen.“ Eine richtige Erklärung, wie es dazu kam, hatte sie nicht.

Sie bezieht Hartz IV, deshalb wird sie voraussichtlich nicht für die Tierhaltung belangt werden. „In den meisten Fällen gibt es eine Geldstrafe. Wenn sie die aber sowieso nicht zahlen kann, wird sie auch gar nicht erst belangt“, so Gassmann.