Stadt-Teilchen Ein Platz ist ein Platz — oder eben nicht

Düsseldorf · Während der Schadowplatz neu gestaltet wurde, ist der Uecker-Platz in Vergessenheit geraten

Der Uecker-Platz im Medienhafen mit Bäumen und Stegen.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Gerade hat sich die Stadtverwaltung mal wieder gerühmt, wie toll sie das hinkriegt mit den Plätzen. Der Schadowplatz erstrahle in neuem Glanz, verkündete großspurig das Presseamt und vermeldete die Verpflanzung von zwei Blauglockenbäumen. Die zuständige Beigeordnete wurde dann noch in bestem Amtsdeutsch zitiert: „Durch die beiden Blauglockenbäume werden sich die Attraktivität des Schadowplatzes und seine Aufenthaltsqualität weiter erhöhen.“ Danach wurde dann noch geschwärmt von der Großzügigkeit des Platzes und vom besonderen Raumgefühl, das den Platz ausmache.

Das kann man so machen. Man kann werben für das, was man tut. Allerdings sollte man dann vielleicht auch sagen, dass man zum Ausgleich andernorts in der Stadt eher nichts bis gar nichts tut, dass man Plätze einfach sich selbst und ihrem Schicksal überlässt, dass man sehr wohl in der Lage ist, mahnende Stimmen zu überhören.

Im Januar des vergangenen Jahres, also vor rund 16 Monaten, hat die Kollegin Helga Meister auf diesen Seiten den bedauerlichen Zustand des Uecker-Platzes im Medienhafen beschrieben, hat die Enttäuschung des Künstlers beschrieben, der auf seinem Platz den Flussgrund des Rheins spiegeln wollte und sich inzwischen konfrontiert sieht mit einer urbanen Brache, die kein Konzept mehr sprechen lässt. Wer hier von Aufenthaltsqualität spräche, den dürfte man ohne weiteres einen Lügner schelten. Und wenn dann noch einer daherkäme und schwafelte von Großzügigkeit des Platzes und vom besonderen Raumgefühl, dann käme man nicht umhin, mit dem Zeigefinger mahnend an die Stirn zu tippen.

Ein Platz ist ein Platz ist ein Platz. Oder eben nicht. Was gab das ein Geschrei, als Oberbürgermeister Joachim Erwin im Jahre 2000 den losen Schotter mit Asphalt festgießen ließ. Was war da ein Aufschrei. Kurz danach musste das Festgegossene wieder kieselig gemacht werden. Aufschrei beendet. Für kurze Zeit schien es, als habe die Kunst über den Pragmatismus gesiegt.

Und heute? Heute ist der Uecker-Platz kein Platz mehr, den man ernsthaft so nennen könnte. Er ist ein unangenehmer Durchgangsraum, in dem man sich vor allem die frisch gewienerten Schuhe einstaubt und hofft, ohne schlimmere Spätfolgen durchzukommen. Nicht mal eine Erinnerung an das, was der Platz mal sein sollte, ist noch zu spüren. Zwar stehen da noch die zwölf gerundeten Steinbänke herum, und auch der kieselige Schotter ist noch zu finden, aber die beiden Elemente schaffen es auch in Verbindung mit dem Stahlturm nicht mehr, hier so etwas wie Atmosphäre keimen zu lassen.

Das liegt zum einen daran, dass der Platz sich aktuell ziemlich ungepflegt präsentiert. An den Rändern der Steinbänke wuchert das Unkraut, und im Schotter finden sich bald mehr Fremdkörper als Steine. Kippen, Papierreste, Flaschendeckel, Gummibänder, hier und da sind sogar Reste von Hundekötteln zu sehen. Ein Kind, das hier mit den Händen den Boden berührte, würde man sofort auf die nächste Desinfektionsstation befördern. So dreckig war der Flussgrund des Rheines auch in seinen schlimmsten Zeiten nicht. Gepflegt geht anders.

Aber der Dreck und die offensichtliche Vernachlässigung sind nur das eine. Das andere ist die offensichtliche Amputation, die das Platzerlebnis trübt. Am südlichen Ende haben sich nämlich zwei Lokalitäten breit und lang gemacht. Sie haben dem Platz kurzerhand ein Drittel seiner Fläche genommen und dort das aufgebaut, was eine gute Restauration angeblich so ausmacht. Sonnenschirme stehen dort und Heizpilze und Tische und Stühle und palmenartige Pflanzen, die offenbar einen Hauch von Süden verbreiten sollen, aber in ihrer Mehrheit eher so wirken wie vernachlässigte Kopierraumgewächse.

So gut, so unschön. Der vermeintliche Hit in der Parade des Unansehnlichen sind allerdings die Windschutzwände, die die Gastronomen aufgebaut haben, um ihren Gästen Gemütlichkeit vorzugaukeln. Die Wände sind zwar durchsichtig, können aber nicht verhehlen, dass sie wie Mauern wirken.

Noch sind keine Demonstrationen angemeldet von Bürgern, die sich vor dem Windschutz aufbauen und brüllen „Die Mauer muss weg!“ Aber wenn man die Sache mit dem Charakter des Platzes so ernst nähme wie einst zu OB Erwins Zeiten, dann müsste schon so etwas in dieser Art passieren.

Man kann das natürlich auch lassen und den Platz einfach verloren geben, ihn so hinnehmen wie er ist, nämlich eine Schotterbrache mit überdimensionierten Sitzbänken und einem verlassenem Metallturm, der offensichtlich an die Vergangenheit des Hafens erinnern soll. Aber dann sollte man konsequenter Weise auch den losen Schotter wegkehren, der wirklich nur den Herstellern von Schuhbürsten einen Nutzen bringt.

Wer heute großspurig vom Schadowplatz schwärmt, dem sei als Mahnung der Zustand des Uecker-Platzes ans Herz gelegt und die Mahnung, dass das, was im Hafen heute traurige Realität ist, schon morgen den Zustand am Kö-Bogen prägen dürfte. Denn dann wird die Stadt längst an einem neuen Platz von Aufenthaltsqualität, Großzügigkeit und Raumgefühl schwafeln und vergessen, was gestern noch wichtig war.