Zakk-Chef: „Traumjob gefunden“

Das Zakk wird 40, Änderungen stehen an. Auch, weil die Stunksitzung dort künftig nicht mehr stattfindet. „Traurig“, sagt Geschäftsführer Jochen Molck „aber wir kommen klar.“

Foto: Christof Wolff

Herr Molck, wann waren Sie zuletzt im Zakk tanzen?

Jochen Molck: Oh, das ist schon was her, Silvester glaube ich.

Die Ü-50-Party ist also nicht so Ihre Sache?

Molck: Nein, ist nicht mein Lebensgefühl, aber ich kenne viele, denen es Spaß macht und für die die 50-plus ein wichtiger Treffpunkt ist.

Erinnern Sie sich an Ihren ersten Besuch im Zakk?

Molck: Ich erinnere mich an keinen konkreten Termin, nur daran, dass ich 1977 öfter hier in der Ecke war, weil eben hier in Düsseldorf etwas los war. Das Zakk wurde 1977 als Initiative gegründet; es gab zunächst nur ein Klein-Zakk in der früheren Werksarztpraxis von Klöckner nebenan im Nachbarhaus. Das war die Keimzelle. Ich hatte gerade Abi gemacht und mit dem Zivildienst begonnen.

In bürgerlichen Kreisen galt das Zakk früher als linker Kifferschuppen. Heute zahlen Sie Weihnachtsgeld. Der Umbruch kam 2004. Was hatte sich verändert?

Molck: Manchmal sind wir in der Lage Weihnachtsgeld zu zahlen... Wir wollten etwas verändern, der Impuls kam aus dem Zentrum. Damals hatten wir 350 Termine pro Jahr, heute sind es 800, die Bandbreite der Veranstaltungen ist größer geworden, dazu Projekte, Workshops, Frühstücke... Ich hatte ein Angebot, an die Uni zu gehen, entschied mich jedoch, beim Zakk zu bleiben und in die Geschäftsführung zu wechseln...

...mit einem neuen Team.

Molck: Ja, Miguel Passarge (Musik, Anm. d. Red.) kam aus Heidelberg, Robby Hillmanns (Kabarett, Comedy, Interkultur) aus den Niederlanden. Christine Brinkmann (Literatur) hatte damals an der Kasse ausgeholfen. Sie waren Mitte 20 und in Aufbruchstimmung. Aber ich will gar nicht dauernd zurückblicken, sondern nach vorn. Veränderungen sind eine Chance, darum ist es zwar traurig, dass die Stunksitzung ab nächstem Jahr nicht mehr bei uns stattfindet, aber keine Katastrophe, wie einige meinen.

Warum gibt es keine Stunksitzungen mehr im Zakk?

Molck: Die Kollegen ziehen um ins Capitol. Es gibt mehr Plätze als bei uns, sie können höhere Eintrittspreise nehmen und dort auf diese Weise mehr Geld verdienen. Ich kann das, aus Sicht der Künstler, nachvollziehen. Eine Stunksitzung auf die Bühne zu bringen, ist enorm aufwändig.

Die Stunksitzungen liefen zweieinhalb Wochen im Zakk und jeder Termin war ausverkauft. Das dürfte auch finanziell wehtun. Gibt es Ersatz?

Molck: Wir arbeiten daran, vielleicht gibt es Konzerte zur Karnevalszeit. Mal sehen. Viel wichtiger aber ist, dass wir die Chance nutzen und uns Neues einfallen lassen. Wir werden uns zum Beispiel mit dem Thema Digitalisierung intensiver beschäftigen. Wir überlegen gerade, ob und wie wir Youtuber auf die Bühne bringen. Wenn ich mir anschaue, wie viele Klicks sie erreichen, ist es einen Versuch wert. Das gilt auch für die Übertragung von Rockkonzerten. Die Live-Übertragungen von Opern und Tanz in den Kinos kommen jedenfalls gut an. Warum also sollen wir nicht ein Festival wie Rock am Ring bei uns auf die Leinwand bringen? Die Menschen führt eine solche Veranstaltung garantiert zusammen. Das haben wir bei den Fußballübertragungen erlebt.

Nach 40 Jahren kann das Zakk also auch Mainstream?

Molck: Ja wir können auch Mainstream, wenn es bedeutet, sich auf Bedürfnisse einzulassen. Im Übrigen nicht erst nach 40 Jahren, sondern schon deutlich länger. Weil wir uns Experimente leisten — die schiefgehen können oder zu festen Programmpunkten werden. Die 30- und die 50-plus-Parties, der Poetry-Slam waren solche Experimente und sind schon lange etabliert. Ist das heute Mainstream?

Der Frauenschwoof hingegen, den es viele Jahre gab, ist eingestellt.

Molck: Die Nachfrage war nicht mehr so sehr da. Wohl auch, weil ein solches besondere Angebot nicht mehr gebraucht wird, was ich für einen gesellschaftlichen Fortschritt halte.

Neue Zielgruppe sind Geflüchtete, da hat das Zakk sein Angebot erweitert.

Molck: Richtig. Unsere jüngste Besucherumfrage hat ergeben, dass 30 Prozent unserer Gäste einen Migrationshintergrund haben. Vor zehn Jahren, als wir mit den Umfragen begonnen haben, waren es 15 Prozent. Darauf müssen und wollen wir reagieren.

Wie?

Molck: Mit einem Welcome-Café zum Beispiel, mit Workshops, mit Party, aber auch mit einem Bühnenprogramm, das Geflüchtete selbst gestalten. Wir haben uns zuerst in der Unterkunft an der Moskauer Straße engagiert und dort eine Gruppe Syrer kennengelernt, die wiederum Kontakt zu einem syrischen Künstler hatten, der seinen Landsleuten kabarettistisch Deutschland erklärt. Auf Deutsch, das war unsere Bedingung, es sollte kein arabischer Abend sein, wir wollten die Veranstaltung für alle offen halten. Das war ein grandioser Abend.

Versteht sich das Zakk nach wie vor als politisches, eher linkes Kulturzentrum?

Molck: Unser Ansatz ist ein gesellschaftspolitischer und kritischer, parteipolitisch jedoch haben wir uns immer zurückgehalten. Kultur hat natürlich ’was mit politischen Themen zu tun, die werden immer ihren Raum bei uns bekommen. Die Kunst ist, über diese Themen nicht nur mit Insidern zu reden, sondern sie in die Stadtgesellschaft zu tragen.

Sie waren von Anfang an im Zakk aktiv. Sind Sie es nie leid geworden?

Molck: Ich habe hier schon so eine Art Traumjob gefunden, denn ich beobachte nicht nur kulturelle und gesellschaftliche Veränderungen, sondern kann sie zumindest ein wenig mitgestalten und anderen Menschen spannende, anregende und auch nachdenklich machende Erlebnisse verschaffen.