Aktuelle Ausstellung in der Galerie Sies und Höke Die neue KI-Droge
Düsseldorf · Hedda Schattanik und Roman Szczesny füttern KI mit Zeichnungen und lassen so etwas Neues entstehen.
Die künstliche Intelligenz sorgt für Schlagzeilen. Auslöser ist der Berliner Fotograf Boris Eldagsen, der den Sony-World-Fotopreis demonstrativ ablehnte, weil er das preisgekrönte Foto nicht selbst gemacht hatte, sondern mithilfe KI. Postwendend schaltet sich der Kulturrat NRW ein. Er fordert „maximale Transparenz“ in den von generativer KI erzeugten Inhalten. Just zu diesem Zeitpunkt macht das mehrfach preisgekrönte Düsseldorfer Künstlerpaar Hedda Roman mit humanoiden künstlichen Wesen bei Sies + Höke auf sich aufmerksam.
Sie arbeiten mit eigenen Zeichnungen und Fotos, mit denen sie die KI füttern, die automatisch aus Daten lernt und unzählige Varianten der Vorlagen liefert. Was die Künstler schließlich wie im Photoshop zum Bild collagieren, enthält Millionen und Milliarden von Bestandteilen und wird auf ihren Wunsch hin „nachtrainiert“.
Der Betrachter muss all die Begriffe der Bildsynthese, der visuellen Effekte, der Animationsstrategien nicht kennen, aber er darf sich wundern und er darf erschrecken. Selbst wenn er darauf versessen ist, die Kunst zu analysieren, wird er an die Grenze der Wahrnehmung kommen, weil die Schnittstelle zwischen realer Welt und intelligenter Software so fließend ist, dass er sie kaum erfassen kann.
Er ahnt höchstens, dass das berühmte Bild „Der Absinth“ von Edgar Degas – übrigens ein Lieblingsbild von Hedda Schattanik seit ihrer Kindheit – der Ausgangspunkt eines neuen Werks ist. Die berüchtigte Pariser Künstlerdroge am Ende des 19. Jahrhunderts lässt sich im vibrierenden, in den Konturen zerfließenden KI-Bild auf den Klassiker zurückverfolgen, wenn man es weiß.
Die Künstler rahmen manche Ausdrucke mit klassischem Bühnenstoff und fügen jeweils vier Fingerspuren in ausgehärtetem Acryllack hinzu, als gehe es darum, der Fiktion einen taktilen Stoff beizugeben.
Im oberen Geschoss der Galerie gehen Hedda und Roman noch einen Schritt weiter und erfinden eine Art KI-Hologramm mit verschiedenen Lichtfeldern. Normalerweise sind Bilder statisch. Handelt es sich um Fotos aus dem Zeitalter der Bechers, so haben sie nur eine Perspektive. Hier aber sind es 95 Richtungen, aus denen das Werk auf den Betrachter einwirkt. Die Künstler sind stolz, dass es ihnen gelingt, ohne eine lästige KI-Brille ihre dreidimensionale Kunst zu betrachten. Sie sprechen von einem „Kurzfilm mit der Eigenschaft eines Licht-Monitors“, wobei die Objekte verschiedene Ansichten haben. Das sind keine Fotos, keine Malerei, keine klassischen Videos. Das sind generative Arbeiten, die ständig neue Bilder zeigen.
Wer das nicht gewohnt ist, muss vorsichtig sein, dass ihm nicht schwindlig wird.
Info Die Ausstellung „Hedda Roman“ läuft noch bis Freitag, 13. Oktober, in der Galerie Sies + Höke, Düsseldorf, Poststraße 2–3. Finissage: Freitag, 19 Uhr, Künstlergespräch mit Hedda Schattanik, Roman Szczesny und Katharina Klang.