Institutionen, Vereine, Politiker „Gehen oder bleiben?“ – Elon Musk und die X-Frage
Düsseldorf · Mehr und mehr Düsseldorfer kehren der Plattform den Rücken. Andere wollen sie weiter nutzen. Auch Fortuna und die DEG oder Bundestagsabgeordnete haben unterschiedliche Entscheidungen getroffen.
Düsseldorf. Auch in Düsseldorf nimmt die Kritik an US-Milliardär Elon Musk und seiner Plattform X zu. Und das hat Folgen. Jetzt legten die Hochschule Düsseldorf und die Heinrich-Heine-Universität gemeinsam mit vielen anderen Universitäten ihre Accounts still. Die Plattform werde ihrer Verantwortung nicht mehr gerecht, „einen fairen und demokratischen Diskurs zu fördern“.
Zuletzt hatte Musk etwa zur Wahl der AfD aufgerufen und mit deren Chefin Alice Weidel getalkt. Mehr und mehr Düsseldorfer und Institutionen aus der Stadt kehren jetzt der Plattform den Rücken, die früher Twitter hieß. Andere bleiben jedoch auch ganz bewusst. Ein Überblick.
Politik
Der Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus (SPD) sagt über Musk: „Er ist ein faschistoider, extremistischer Narzisst. Von solch einem Menschen kauft man nichts.“ Twitter habe er intensiv genutzt, ein wertvolles Medium für den Austausch von Nachrichten und Informationen sei es gewesen. Im Frühjahr des vergangenen Jahres habe er X dann allerdings wegen Musk verlassen.
Ihren Account gelöscht hat jetzt auch Zanda Martens, Düsseldorfs SPD-Chefin und ebenfalls Mitglied des Bundestags. Sie habe zwar Twitter schon nicht mehr genutzt, nach dem Gespräch von Musk mit Weidel habe sie jetzt sogar die weitergehende Konsequenz gezogen. Grund: „Unwidersprochene Falschaussagen von Migration bis Nationalsozialismus. Diese Plattform entwickelt sich zunehmend zu einem rechtsfreien Raum und ist für mich kein Mittel der politischen Kommunikation mehr.“ Alternativ habe sie sich ein Konto auf der Plattform Bluesky zugelegt. Einen anderen Schluss haben die beiden weiteren Bundestagsabgeordneten aus Düsseldorf gezogen. Düsseldorfs CDU-Chef Thomas Jarzombek findet es zwar mit Blick auf Musk auch „inakzeptabel, dass genau seine Tweets unentwegt in den Timelines erscheinen“. Hier müsse allerdings die Europäische Union endlich die Möglichkeiten der Gesetze nutzen, insbesondere den sogenannten Digital Services Act. „Ich kritisiere hier sehr deutlich ein Vollzugsdefizit. Hier fordere ich Handlung ein“, sagt der Christdemokrat.
Jarzombek selbst will X weiter nutzen. „Wenn sich immer mehr Demokraten aus X zurückziehen, dann überlassen wir diesen Raum den radikalen Kräften – auch jenseits des Algorithmus von Elon Musk.“
Die Grüne Sara Nanni will ebenfalls bleiben und fordert: „Gegen die politische Instrumentalisierung der Plattform muss man rechtlich und regulativ vorgehen.“ Es sei sinnlos, als einzelner Politiker zu gehen. „Dann fehlen im Zweifel Zugänge. Und es gibt auf X auch einige Accounts, deren Content ich nach wie vor nur dort finde.“
Zudem ist Nanni bei Bluesky und habe viele Menschen motiviert, dorthin zu wechseln. Sie versuche, dort viel und vor allem exklusiv zu posten, um diese Plattform zu stärken, „damit ich X bald verlassen kann, ohne zu viel von dem Guten, was es dort immer noch gibt, zu vermissen“. Ein wenig sei das auch ein Versuch, Widerstand zu leisten. „Ich will mir die Plattform als Userin nicht einfach wegnehmen lassen.“
Rathaus
Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) hat seinen Twitter-Account zuletzt 2020 benutzt, von daher stellt sich die Frage nach einem Ausstieg bei X für ihn nicht. Bei der Verwaltung ist das anders. „Die Landeshauptstadt steht für faktenbasierte Kommunikation und nutzt ihren Kanal bei X ausschließlich zur Information der Nutzerinnen und Nutzer und beteiligt sich nicht an Diskussionen.“ Man wolle möglichst viele Menschen erreichen. Vor allem bei aktuellen Lagen habe sich X für eine Ad-hoc-Kommunikation bewährt. „In Zeiten, in denen Demokratiefeinde Aufwind erhalten, gilt es nicht, aus Protest wegzulaufen, sondern standhaft den Gegenpol zu bilden“, heißt es aus dem Rathaus.
Die ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen sind keine X-Nutzerinnen. Clara Gerlach (Grüne) betont, sie schließe sich vollumfänglich der Haltung der Universität an. Klaudia Zepuntke (SPD) findet die Plattform uninteressant und sieht keinen Mehrwert, da sie eine einseitige Berichterstattung befürchtet. Bürgermeister Josef Hinkel (CDU) nutzt X ebenfalls nicht. Facebook und Instagram seien völlig ausreichend, um mit Medien und Bürgern wirksam zu kommunizieren.
Sportvereine
Die beiden prominentesten Düsseldorfer Sportklubs haben unterschiedliche Entscheidungen getroffen. Zwar teilte die Fortuna im Dezember mit, dass man mit Sorge sehe, dass „Hass, Hetze und Falschmeldungen unzureichend reguliert werden“. Da sich das aber in der „Fortuna-Bubble“ nicht zeige, wolle man die gemeinsamen Werte weiter bei X vertreten.
Für die DEG teilt Sprecher Frieder Feldmann wiederum mit: „Wir nutzen die Plattform trotz mehr als 11 000 Followern seit Herbst 2024 nicht mehr. Die Gründe sind dieselben wie bei vielen anderen Klubs. Die Nachteile haben die Vorteile einfach überwogen.“
Kammern
Auch bei zwei wichtigen Interessenverbänden der Wirtschaft gibt es keinen gemeinsamen Ansatz: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) nutzt X weiterhin. Hauptgeschäftsführer Gregor Berghausen stellt eine deutliche Diskursverschärfung fest, seitdem Musk übernommen hat. Er weist aber darauf hin, dass nach wie vor viele Politiker und Journalisten die Plattform nutzen. „Insofern ist X für die IHK ein Kanal in der digitalen Kommunikation, den wir zur Informationsvermittlung nutzen.“ Man beobachte die Entwicklung sehr genau und werde diese in der regelmäßigen Überprüfung der IHK-Kommunikationsstrategie berücksichtigen.
Die Handwerkskammer nimmt eine andere Position ein. Hauptgeschäftsführer Axel Fuhrmann hat noch nie Twitter oder Nachfolger X benutzt. „Ich war schlicht der Meinung, dass auf meine Kommentierung der politisch-gesellschaftlichen Ereignisse weder die Welt noch sonst jemand gewartet hat.“ Was die Kammer angeht: X hat in ihrem Kommunikationsangebot schon immer nur eine marginale Rolle gespielt. „Da die Kammer seit jeher darauf achtet, dass die Kommunikationskanäle, die sie bespielt, im Grundsatz nach pluralistischen, demokratischen und der Transparenz und Wahrhaftigkeit verpflichteten Spielregeln folgt, werden auch wir uns von der Plattform verabschieden“, kündigt Fuhrmann an.
Unternehmen
Auch an Düsseldorfer Unternehmen sind die Veränderungen bei X nicht spurlos vorübergegangen. Henkel teilt mit, dass man seit der Übernahme durch Musk keine Werbung mehr schalte. Auch die Kommunikation habe man inzwischen eingestellt. In einigen wenigen Ländern wie den USA werde X jedoch auch noch genutzt.
Der Flughafen kommuniziert nach eigenen Angaben seit einem Jahr nicht mehr aktiv auf der Plattform. Ausnahmen seien Sonder- und Krisensituationen. Auch Stadtwerke und Netzgesellschaft führen aus, dass hauptsächlich über Störungsereignisse informiert werde, aber auch das bald ein Ende haben werde: „Bereits seit einiger Zeit prüfen wir alternative Möglichkeiten, mit denen wir zusätzlich zur Störungs-App der Netzgesellschaft Düsseldorf Bürgerinnen und Bürger über Ereignisse im Stadtgebiet kurzfristig informieren können. Die neuen Kanäle werden wir zeitnah kommunizieren und dann X endgültig verlassen.“
Bei der Rheinbahn laufen dagegen noch Überlegungen, wie weiter verfahren werden soll. Störungen werden zurzeit sehr konsequent auf X mitgeteilt.
Hochschulen
HHU und HSD haben X verlassen, die Robert-Schumann-Hochschule (RSH) nutzt die Plattform nicht. Rektor Thomas Leander merkt an: „Es gilt jedoch, die Entwicklung der Meta-Kanäle, in unserem Fall Facebook und Instagram, im Auge zu behalten.“ In seiner jüngsten Videobotschaft habe sich Mark Zuckerberg unmissverständlich hinter die Strategien von Donald Trump und Elon Musk gestellt, sodass Hassrede und Fake News auf diesen Portalen künftig Tür und Tor geöffnet werde.
Die Kunstakademie hat auf unsere Anfrage nicht geantwortet.