Festival „Temps d’Image“ im Tanzhaus NRW Innovatives Festival im Tanzhaus

Düsseldorf · Das Festival „Temps d’Images“ im Tanzhaus NRW bietet wieder viele verschiedene Ansätze, wie sich Tanz mit neuen Technologien auseinandersetzen kann.

Szene aus Fabien Priovilles „2Sides“ im Tanzhaus NRW.

Foto: Pascal Jung/Tanzhaus

Tanz und Technologie zu verbinden, das hat sich das Festival „Temps d’Image“ (auf Deutsch: Zeit für Bilder) auf die Fahnen geschrieben. Vom 6. bis 15. Januar findet es im Tanzhaus NRW statt, und das hat gute Tradition. Denn schon seit 2005 eröffnet das innovative Festival das Bühnenprogramm des neuen Jahres im Tanzhaus NRW.

Was früher vielleicht mehr ein Gegensatz war – Tanz und Technologie –, findet im zeitgenössischen Tanz immer häufiger zu einer gelungenen Symbiose. Tanz, der die Körperlichkeit im Raum ins Zentrum rückt, trifft hier auf digitale Medien und entwickelt daraus neue Formen. So auch bei dieser Ausgabe des Festivals, das neben internationalen Gastspielen regionale Künstler präsentiert und dabei eine Vielfalt an Ansätzen und neuen Formaten vorstellt. Intermedialität ist Programm: Es gibt Installationen, Ausstellungen, Klang, große Bühnenproduktionen genauso wie kleine One-to-One-Performances, in denen der Zuschauer zum Akteur werden kann.

„Die Stücke sind unter dem Einfluss der Pandemie entstanden, das merkt man ihnen an“, sagt Stefan Schwarz, der im Tanzhaus NRW für das Bühnenprogramm zuständig ist und das Festival kuratiert hat. Denn gerade in den Zeiten der Pandemie haben die digitalen Medien einen wachsenden Einfluss auf das Leben genommen und sind Teil des Alltags geworden. Angst, Unbehagen, Skepsis sind dabei Gefühle, die man dieser Entwicklung entgegenbringen kann, genauso wie Freude oder Erleichterung über die neuen technischen Möglichkeiten.

Die Künstler bieten dabei verschiedene Herangehensweisen, „sie kommen aus komplett unterschiedlichen Universen“, sagt Schwarz. Der Umgang mit Physikalität wird in verschiedenen Formen verhandelt, „das macht das Festival aus, aber es bietet eben viel mehr als Tanz“, sagt der Kurator.

Tanz und Virtual Reality (VR) verbinden Anna-Carolin Weber und Tobias Kopka in ihrer Mixed Reality Tanz Performance „I Spy with my little Eye“, die ab 6. Januar an beiden Festivalwochenenden zu erleben ist. Hier können sich Besucher mittels VR spielerisch in Kontakt mit einem Performer begeben. Erst steuert man selbst per Controller, was der Performer sieht. Danach begibt sich der Besucher mittels VR-Brille in den digitalen Raum, den er selbst gestaltet hat. 15 Minuten dauert so eine Eins-zu-eins-Begegnung, bei der man aber auch nur Zuschauer sein kann. Eine Anmeldung ist hier empfohlen.

Ausstellung thematisiert
die Bedeutung von Avataren

Ebenfalls ab 6. Januar sind verschiedene kurze (Video-)Installationen von Charlotte Triebus, Alfredo Zinola, Dominik Geis, Lena Biresch und Alexander Whitley in einer während des Festivals laufenden Ausstellung im Foyer zu sehen. Dabei geht es um VR wie auch um Augmented Reality (AR), um die Bedeutung von Avataren, um Körper im virtuellen Raum und um geometrische Muster in der Natur.

Das Bühnenprogramm eröffnet Alexander Whitley und seine Company aus Großbritannien. Er untersucht in seinem Stück „Anti-Body“, ob wir Menschen unsere Einzigartigkeit bewahren können oder irgendwann in einem Universum aus Algorithmen aufgehen. Motion-Capture-Punkte an den Körpern der Tänzer übertragen deren Bewegungen auf virtuelle Formen, die auf Screens erscheinen. „Die Videos werden in Echtzeit produziert und umgewandelt in die Projektionen. So bekommt man als Zuschauer zwei Ebenen zu sehen“, erklärt Stefan Schwarz. „Das ist ästhetisch perfekt und visuell sehr beeindruckend umgesetzt.“ Alexander Whitley, Artist in Residence am Sadler’s Wells Theatre in London, ist Spezialist für neue Technologien und gastiert zum ersten Mal in Düsseldorf.

Ula Sickle ist eine kanadisch-polnische Choreografin aus Brüssel. In ihrer Konzert-Performance „The Sadness“, die sie während der Pandemie entwickelt hat, reflektiert sie die Traurigkeit und Melancholie bestimmter Musikstücke, die die aktuelle Popkultur prägen, weil sie den „Weltschmerz des 21. Jahrhunderts“ ausdrücken. Die Zuschauer werden ganz nah um ein Spielfeld aus Erde herumsitzen und den drei Performern dabei zusehen, wie sie singen, tanzen und die Musik via App selbst steuern. So entsteht ein getanztes Konzert.

Fabien Prioville, Choreograf und Tänzer aus Düsseldorf, wird sich in der Premiere von „2Sides“ mit Streamingformaten beschäftigen. Die Bodycams auf den Anzügen der Tänzer sorgen dafür, dass die physische Performance gleichzeitig in eine digitale Liveaufnahme umgewandelt und gestreamt wird. So spielt das Stück mit Erwartungshaltungen. Schwarz: „Mit Fabien Prioville haben wir schon häufig zusammen gearbeitet. In seiner Performance thematisiert er die körperliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Formen der Digitalität.“

Ondrej Holbas Stück „And who is useless now“, das als Deutsche Erstaufführung zu sehen ist, eignet sich auch für Kinder und Jugendliche, die beiden Schulaufführungen sind allerdings schon ausverkauft. Aber auch für Erwachsene bietet das Stück jede Menge unterhaltsame Momente, um über künstliche Intelligenz nachzudenken. Der tschechische Choreograf arbeitet darin mit vier kleinen Robotern und geht auf spielerische Weise der Frage nach, wie viel Freiheit und menschliche Qualitäten man bereit ist, für Komfort zu opfern.