Fotografien von Eva Rubinstein in der Düsseldorfer Galerie Sels Lautlose Melancholie
Düsseldorf · Sie ist die Tochter des großen Pianisten Artur Rubinstein: Die Düsseldorfer Galerie Sels zeigt Schwarz-Weiß-Fotografien der 91-jährigen Künstlerin Eva Rubinstein.
Clara Maria Sels hat eine Vorliebe für Schwarz-Weiß-Fotografie, in der die Gegenwart in eine undefinierbare Zeitlosigkeit entgleitet. Duane Michals, Francesca Woodman und Eva Rubinstein gehören dazu, deren Arbeiten die Düsseldorfer Galeristin eher zufällig sah. Seit 2021 treffen sie sich in Lodz, wo die Tochter des Pianisten Artur Rubinstein Schirmherrin eines Klavierfestivals zu Ehren ihres Vaters ist.
40 Aufnahmen sind an der Poststraße zu sehen. Sie zeigen den Alltag in lautlosen Momenten voller Melancholie. Der Portier in der „Portiersloge“ bleibt ausgespart. Nur eine Milchflasche und Einwickelpapier auf dem Boden verweisen auf sein ärmliches Dasein in der dunklen Kammer mit der altmodischen Gardine, die durch das gleißende Tageslicht erhöht wird. Die „Hotelstraße“ in Lodz besteht aus einer gepflasterten Straße zwischen einer Häuserflucht und führt von der Dunkelheit im Vordergrund in eine lichtvolle Ferne, wo eine Person einsam auf einer Parkbank sitzt.
Bilder voller Schwermut sind dies. Ein Foto ist besonders, denn es verweist auf die Situation der Künstlerin innerhalb der Familie. Zu sehen ist das Zimmer der Mutter mit einem frisch bezogenen und unbenutzten Bett, während sich eine Gardine im Wind des leicht geöffneten Fensters bläht. Die Mutter war die Bezugsperson, die den weltberühmten Vater auf seinen Konzerttourneen begleitete. Das Verhältnis der Tochter zu ihrem Vater war spätestens dann gespalten, als der Frauenheld noch im Alter von 90 Jahren mit einer jungen Konzertmanagerin anbändelte, die ihm beim Verfassen seiner Biografie half.
In Rubinsteins Aufnahmen überwiegt ein Gefühl, das sich nicht fassen lässt, sodass die Fotos wie aus der Zeit gefallen wirken. Innenräume geben die Spuren eines gelebten Lebens in den Leerstellen abgehängter Bilder wieder. Im schwarzen Überzug über Chopins Klavier in dessen Geburtshaus in Zelazowa Wola liegt eine Atmosphäre der Tristesse im Zimmer.Die Fotos, die bei Sels zu sehen sind, entstanden 1984 bis 1989. Es sind poetische Dokumente. André Kertész, der die Fotografie der Neuen Sachlichkeit mit Surrealismus unterlegte, schrieb über die besondere Anmut in ihren Bildern: „Sie schafft Metaphern, die sich an der ewigen Frage nach dem Sinn der menschlichen Existenz messen. Sie klingen lange und intensiv nach.“ Ihre Arbeiten sind in Sammlungen etwa des Metropolitan Museum of Art, des Kiyosato Museum of Photographic Arts oder im Kölner Museum Ludwig zu sehen.