In Discos angeworben: Drogenkuriere aus NRW im weltweiten Einsatz
Deutschland als Drogenexportland: Rauschgiftkuriere aus Nordrhein-Westfalen haben der Polizei zufolge Süchtige weltweit mit harten Drogen versorgt. Der erste Hinweis kam aus Australien.
Düsseldorf. Sie waren nervös und verhielten sich auffällig. Die zwischen 20 und 40 Jahre alten Reisenden kamen als ganz normale Urlauber aus Deutschland, schienen aber ein schlechtes Gewissen zu haben. Schnell entdeckten die australischen Behörden den Grund dafür: Präparierte Rollkoffer mit jeweils ein bis zwei Kilogramm Kokain im Gepäck. Für die bislang unbescholtenen Deutschen - alleine fünf in Australien - hat das schwere Folgen: „Für Drogenschmuggel drohen in Australien bis zu 25 Jahre Haft“, berichtet die australische Bundespolizistin Andrea Humphreys am Freitag in Düsseldorf.
Mit den präparierten Koffern haben rund 20 deutsche Drogenkuriere aus Nordrhein-Westfalen Märkte in den USA, Japan und Australien mit harten Drogen wie Opium, Kokain und Chrystal Meth versorgt. Mindestens fünf Millionen Euro seien auf diese Weise an eine Bande von Deutsch-Iranern im Rheinland geflossen. Nach weltweiten Ermittlungen unter Mithilfe von Interpol und Europol schlugen Ermittler bereits im März mit einer großen Razzia in zahlreichen Städten Nordrhein-Westfalens zu, wie das Landeskriminalamt NRW am Freitag berichtete.
Dabei wurden 71 Kilogramm harte Drogen und 400.000 Euro Bargeld sichergestellt. Ermittelt werde gegen 40 Verdächtige, von denen acht in Untersuchungshaft säßen. Etwa die Hälfte von ihnen seien Kuriere, berichtet LKA-Drogenfahnder Oliver Huth. Sie seien in NRW in Diskotheken oder von Bekannten gefragt worden, ob sie nicht Lust auf einen Gratis-Kurzurlaub hätten nach Australien, Japan oder in die USA.
Die gezielt Umworbenen hatten eins gemein: Sie waren finanziell klamm, manche auch verschuldet und hätten sich einen solchen Urlaub nicht leisten können. In den Koffern, die ihnen gestellt wurden, befinde sich Bargeld, von dem das Finanzamt nichts erfahren soll, sei ihnen erzählt worden.
Hinter dem weltweiten Drogenhandel soll ein 63-jähriger Sozialhilfeempfänger aus Düsseldorf stecken. „Der lebte völlig unauffällig in einer 50-Quadratmeter-Wohnung in der Nähe des Hauptbahnhofs“, berichtet Huth. Der Deutsch-Iraner sei vor Jahrzehnten ins Land gekommen und als politisch Verfolgter anerkannt worden. Inzwischen habe er die deutsche Staatsangehörigkeit.
Zahlreiche Reisen in den Iran und Konten bei iranischen Banken ließen bei den Ermittlern Zweifel an der politischen Verfolgung aufkeimen. Außerdem hatte er bereits wegen Schmuggels von 260 Kilogramm Rohopium eine Strafe von acht Jahren im Gefängnis abgesessen. Unmittelbar nach der Freilassung müsse er mit dem Aufbau seines weltweit aktiven Syndikats begonnen haben.
In Japan werde die japanische Mafia, die Yakuza, als Abnehmer der Drogen vermutet, berichteten japanische Polizisten in Düsseldorf. Nicht nur in Koffern, auch in Postpaketen mit Kinderkleidung und Plüschtieren seien Drogen geschmuggelt worden. Der größte Coup: Ein präparierter Industrieofen, bei dem in Bochum die Wärmedämmung aus- und stattdessen 50 Kilogramm Kokain eingebaut worden seien. Er wurde im australischen Sydney sichergestellt.
Als legale Fassade habe die Import/Export-Firma des Sohns des 63-Jährigen hergehalten, berichtet Huth. Deren einziger Angestellter sei ein verurteilter Anlagebetrüger im offenen Vollzug gewesen. „Der hat den ganzen Tag aus dem Fenster geguckt.“ dpa