Insel Hombroich Künstler Terunobu Fujimori baut ein Teehaus aus verkohltem Holz

Rhein-Kreis Neuss · Die Stiftung Insel Hombroich erhält den Großen Kulturpreis der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland für die einzigartige Kombination von Natur, Kunst und Architektur.

 Das japanische Teehaus liegt versteckt zwischen hoch gewachsenen Kiefern.

Das japanische Teehaus liegt versteckt zwischen hoch gewachsenen Kiefern.

Foto: Hombroich

Die Stiftung Insel Hombroich erhält den Großen Kulturpreis der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland (30 000 Euro) für die einzigartige Kombination von Natur, Kunst und Architektur. Frank Boehm, der kluge und ideenreiche Kopf der Insel, Architekt und Allzweckwaffe, Geschäftsführer und künstlerischer Leiter, sorgt noch vor dem Festakt für eine Attraktion. Es ist ein japanisches Teehaus, das über sieben Baumstämmen zu schweben scheint und fast versteckt zwischen hoch gewachsenen Kiefern steht. Ein Besuch in diesem Paradies am Rand von Neuss und Düsseldorf lohnt sich immer.

Man parke sein Auto auf dem Platz an der Raketenstation und nehme den Haupteingang, vorbei am Café Biemel. Kurz vor dem imposanten Haus für Musiker geht es links über einen Trampelpfad eine leichte Böschung empor. Da steht es, ein pechschwarzes Gebilde mit verkohlter und karbonisierter Holzfassade. Ein kleines, leicht geschwungenes Baumhaus ist es. Knorrige, windschiefe Robinienstämme heben das Märchenschloss empor, von dem jedes Kind träumt. Seitlich gibt es ein ovales Guckloch, geformt wie eine Augenklappe, aus dem eine Fee schauen könnte. Eines Tages wird dort Hisako Nishikawa von der Insel die Tee-Zeremonie durchführen. 19 Stufen einer Stahltreppe führen nach oben.

„Ein Stein Teehaus“ nennt der Architekt Terunobu Fujimori (74) sein Werk. Die Hülle besteht aus abgefackelten Brettern, die resistent gegen Schädlingsbefall sein sollen. „Yakisugi“ nennen die Japaner die Kunst des gezielten Verkohlens, so dass die Fassaden ohne Holzschutzmittel, Farbanstrich oder Beizung auskommen. Und Frank Boehm erklärt: „Das Feuer ruiniert das Holz nicht, sondern veredelt es.“ Das Publikum habe geholfen, die Bretter direkt vor Ort zu brennen.

Die architektonische Schwierigkeit lag nicht im Abflammen, sondern in den Fundamenten. Die Baumstämme, die das Haus tragen, wurden in den Boden gerammt, dürfen aber kein Wasser ziehen, denn dann würde das Holz anfangen zu faulen. Sie wurden einbetoniert. Damit kein Blitz einschlägt, führt ein Blitzableiter parallel zu einem der Stämme abwärts.

Wir nehmen an einem geschwungenen Tisch im Innern Platz und fühlen uns wie in einem Refugium. Alles ist aus Holz. Wir lassen den Blick über die Bäume hinweg in die Landschaft schweifen und spüren, wie das Leitmotiv des Inselgründers Karl-Heinrich Müller, „Kunst parallel zur Natur“, eingelöst wird. Noch ist nicht alles fertiggestellt. Fujimori bringt beim nächsten Besuch eine selbst gefertigte Lampe aus Tokio mit. Hiesige Handwerker haben bleiverglaste Scheiben installiert, die sich beim Öffnen in die Seitenflügel schieben, die an Adler-Schwingen erinnern. Im September wird das Häuschen eröffnet. Parallel dazu findet im Siza-Pavillon eine Ausstellung statt, in der das Werk Fujimoris den Europäern näher gebracht wird. Auch die ersten Teezeremonien gibt es dann, unter erschwerten Corona-Bedingungen allerdings. Mehr als zwei Gäste auf einmal wird es im Obergeschoss nicht geben.

Das neue Teehaus ist jedoch ein kleiner Fisch angesichts der vielen Bauprojekte auf der Insel. Reparaturen für 15,45 Millionen Euro sind geplant. „Labyrinth“ und „Zwölfräumehaus“, die größten Ausstellungshäuser der Insel, müssen dringend generalüberholt werden. Dächer, Böden, Wände, alles muss saniert oder ausgetauscht werden. Die Stahlkonstruktion der Dächer bleibt erhalten, aber ansonsten wird fast alles erneuert oder ertüchtigt. Dabei darf das Erscheinungsbild nicht verändert werden, schließlich steht das Werk von Erwin Heerich, des Erbauers aller Inselbauten, unter Schutz. Die Insel Hombroich betreut seinen Nachlass.

Neue Lichtsteuerung durch mehrschichtige Glasdächer

Die Glasdächer müssen komplett ersetzt werden. Zukünftig werden sie einen sehr differenzierten Aufbau aus Gläsern, Folien und licht-lenkenden Kunststoff-Stäben von insgesamt acht Zentimeter Dichte haben. Normalerweise verstecken die Museen die gesamte Technik aus Natur- und Kunstlicht in meterhohen Dachräumen. Auf der Insel dringt das Licht zu hundert Prozent in die Ausstellungen. Lichttechniker berechnen nun, wie sie die Sonnenstrahlen filtern und ablenken können. Die neue Lichtsteuerung durch mehrschichtige Glasdächer verschlingt einen erheblichen Teil der Bausumme.

Die Bodenheizung verschwindet. Sie ist defekt und wenig sinnvoll, sind doch die Säle keine guten Stuben, wo man warme Füße haben muss. Geplant ist eine Wandheizung, deren Plastikschläuche einfach in den Putz gelegt werden, wobei die Standorte genauestens mit den später hängenden Bildern abgestimmt werden. Der alte Putz wird abgeklopft, der neue fällt nur stellenweise etwas dicker aus. Die neuesten energetischen Vorschriften werden respektiert, indem die in hundert Meter Tiefe gespeicherte Wärme durch Erdwärmeübertrager entzogen und genutzt wird. Die Insel gewinnt dadurch regenerative Energien.

Soeben haben Fachleute eine Kernbohrung im „Labyrinth“ durchgeführt, um die Feuchtigkeit zu messen. Ansonsten wartet man auf grünes Licht von der Oberfinanzdirektion, die den fiskalischen Teil überprüft. Wenn von dort das Okay kommt, kann ausgeschrieben und Anfang nächsten Jahres begonnen werden. Der Generalplaner aus Aachen, der über einen internationalen Wettbewerb gefunden wurde, steht Gewehr bei Fuß. Mit ihm wartet das Team der Insel auf den großen Start. Die Gelder für das teure Sanierungsprojekt sind eingeworben. Je 6,5 Millionen Euro zahlen Bund und Land, je 900.000 Euro kommen von der Stadt Neuss und vom Rhein-Kreis Neuss. Den Rest steuern private Spender wie Klatten und Werhahn bei.

Während der Bauarbeiten bleiben die übrigen Museen der Insel, der Park, die Cafeteria und die Häuser auf der Raketenstation geöffnet. Gerade in Corona-Zeiten kommen die Gäste in Scharen. Gegenwärtig hat die Museumsinsel mehr Besucher als die Uffizien, wo noch nicht einmal die erlaubten 400 Gäste auftauchen. Währenddessen verzeichnet die Insel am Wochenende jeweils 800 Kunst- und Naturfans. Sie hat Backöfen angeschafft und kredenzt nun warme, selbst gebackene Brezel und Äpfel. Das erfordert zwar mehr Personal, aber die Leute sind dankbar und spenden sogar, weil sie spüren, wie viel Mühe es macht, den Betrieb aufrecht zu erhalten.

Das Preisgeld von 30.000 Euro ist natürlich auch schon verplant. Frank Boehm will über einen Social-Media-Kanal stärker international auf Hombroich aufmerksam machen.