Förderpreisträger Janis Löhrer Alte Malerei, neu gedacht
Janis Löhrer, Mitgründer des Ausstellungsraums „Aura“, ist neuer Förderpreisträger der Stadt. Seine Arbeiten erkunden die Scham ebenso wie die Liebe.
Janis Löhrer wurde von Oberbürgermeister Stephan Keller für ein besonderes Thema mit dem Förderpreis ausgezeichnet: „das homosexuelle Verlangen im öffentlichen Raum“. Seine „Herrenwäsche“ im Glashaus auf dem Worringer Platz führte allerdings zu derart heftigen Aggressionen, dass Unbekannte die Scheiben einwarfen und in die Inszenierung eindrangen, was schließlich zum Abriss des Glashauses führte.
Der Preisträger wurde 1991 in Aachen geboren, zog als Kind nach Berlin und lebt seit 2012 in Düsseldorf, wo er bei Tal R und Siegfried Anzinger studierte und 2019 sein Diplom machte, in den letzten Jahren als Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. 2020 gründete er mit vier Ehemaligen der Kunstakademie den Off-Raum „Aura“ an der Birkenstraße 67. Sie mieteten die Räume, legten ihre jeweiligen 6000 Euro Corona-Künstlerhilfen zusammen und renovierten monatelang. Als sie zur DC Open 2021 eröffneten, präsentierten sie einen hellen, weiten, hohen und offenen Raum, der von der Straße durch das breite Schaufenster gut einsehbar ist. Auf 85 Quadratmetern wollten sie tolle Ausstellungen machen. So zeigte die Gastprofessorin Sophie Thun zur Foto-Biennale eine Doppelbelichtung, setzte Johannes Raimann auf das Rohmaterial zur Herstellung von Computerchips seine Fingerabdrücke und machte Yapci Ramos Lentikularfotos auf Dibond aus analogen Fotoalben.
2022 konzentrierte sich Löhrer auf die eigene Arbeit und bespielte die „Mur Brut“, die graue Betonwand im Eingang zur Tiefgarage der Kunsthalle. Sein vier Meter langer Kachel-Fries mit vielen relativ kleinen, nackten, männlichen Figuren ist längst verschwunden. In Erinnerung bleiben Fotos von Einsamen, die stumm und wie zufällig im leeren Raum stehen. Häufig halten sie den Kopf gesenkt, als suchten sie nach Spuren auf dem Boden. Erstaunlich offen erklärt der junge Künstler im Gespräch: „Es geht um Formen der Begierde, und es geht um Scham. Beides hängt von der Art der Betrachtung ab.“
Er bemalte Kacheln, die den Schrühbrand schon hinter sich haben, sodass die Oberfläche porös, rau und saugend ist. Sie machte das Zeichnen zum schwierigen Prozess: „Ich musste langsam zeichnen und den Pinsel mit Farbe mehrfach nachladen. Dadurch entstand das Stockende im Bild.“ Zögerlich wirkten die Figuren, die er im eigenen Ofen brannte. Sie passten zum Thema von Fremdheit und Nähe, Scheu und Liebe. Für Löhrer war es eine Möglichkeit, sich in dieser „alten und altbackenen Malerei wiederzufinden“. In den blauen und weißen Glasurfarben gab es einen Bezug zur Tradition, verwies doch der Fries auf historische Delfter Kacheln.
Obdachlose konsumierten
hinter den Textilien Drogen
War diese Arbeit noch im wahrsten Sinn schamhaft, so wirkte die „Herrenwäsche“ von 2024 mitten im Drogenmilieu, als wolle er den starken Mann markieren. Die drei Meter große, von Hand genähte Unterhose mit Einsatz und das überdimensionale Unterhemd erschienen im gläsernen Kasten wie die maskulinen Klassiker der Textilindustrie, waren sie doch aus weißem Doppelripp. Marlon Brando hatte 1948 so ein Unterhemd mit Trägern in „Endstation Sehnsucht“ getragen. Anfangs nahmen Obdachlose die Textilien als Vorhang, um dahinter Drogen zu konsumieren. Damit endete dieser alternative Standort der Stadt, der nie wirklich angenommen wurde und den Worringer Platz in keiner Weise aufwerten konnte. „Aura“ ist nicht nur ein Ersatz, denn das Projekt setzt auch qualitative Maßstäbe.