46-Jährige randalierte im Zug: Schuldfähigkeit ungewiss

46-Jährige sieht sich von ihrer Umwelt verfolgt. Nun hängt alles an einem Fachgutachten.

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Krefeld. Bei Sicherungsverfahren zur Unterbringung psychisch Kranker fällt auf, dass deren „Hilferufe“ oft jahrelang von Behörden nicht gehört werden. Diese Mängel werden im aktuellen Prozess bei der zweiten Großen Strafkammer erneut deutlich. Schon Ende 2004 ließ die 46-jährige Beschuldigte ihren damals acht Monate alten Sohn zwei Tage allein in ihrer Wohnung und riskierte so dessen Leben.

Der Mutter wurde zwar das Sorgerecht entzogen, doch ernsthafte Gedanken um ihren Geisteszustand machte sich offensichtlich niemand. Auch dann nicht, als die Mutter immer wieder durch aggressives Verhalten in der Öffentlichkeit auffiel, unter anderem nach einem Ladendiebstahl.

Seitdem attackiert sie alle erdenklichen Behörden mit Eingaben und Drohungen, um das Sorgerecht für ihren Sohn zurück zu erhalten. Weil sie der Post misstraue, sei sie mit dem Zug nach Münster gefahren, um dort beim Verfassungsgericht eine weitere Klage persönlich einzureichen. Bei der Fahrkartenkontrolle fiel auf, dass sie am Automaten ein unzulässiges Ticket gezogen hatte. Der Zugbegleiter, der am Montag vor Gericht aussagte, hatte ihr laut Dienstvorschrift das Ticket abgenommen, das sie jedoch als Beweis ihrer guten Absicht zurückhaben wollte.

Statt die Frau zu beruhigen, heizte der Zugbegleiter die Situation weiter an, weil er auf den Einzug des Tickets und auf das Vorzeigen des Personalausweises bestand. Die aufgebrachte Frau schubste ihren Gegenüber und versuchte, ihm die Fahrkarte zu entreißen. Ein wohlmeinender Fahrgast griff ein und zog die Frau weg, worauf er sich selbst einer Attacke gegenüber sah.

Die beiden zu Hilfe gerufenen Polizisten, die sich am Bahnhof Münster einschalteten, erlebten nach eigener Aussage eine noch immer aufgebrachte Frau, die nach wie vor versuchte, ihr Ticket zurück zu bekommen. Spätestens bei dem Vorwurf der Frau, die Polizisten hätten ihr ihren Sohn gestohlen, hätte den Beamten auffallen müssen, dass es in diesem Fall nicht um einen Fahrkartenbetrug geht, sondern um eine mögliche psychische Störung. Beim Transport der Frau zur Wache handelten sie sich leichte Kratzwunden ein.

Jetzt hängt es vom Bericht des Sachverständigen am 14. Januar ab, ob die Angeklagte überhaupt schuldfähig ist und ob die Einweisung in eine psychiatrische Klinik erfolgen soll, wo sie sich nach den Vorfällen im letzten Jahr bereits befindet.