Abfallwirtschaft: Schrott ist jetzt Gold wert

Lohndumping, „Urban Mining“ und Konzentrationen in der Entsorgungsbranche: Die kommunalen Unternehmen sehen ungute Entwicklungen.

Krefeld. Vorbei sind die Zeiten, in denen für die Entsorgung eines Altautos Geld auf den Tisch gelegt werden musste: Der Zerlegungsbetrieb am Bruchfeld in Linn ist längst von der Bildfläche verschwunden. Ob Blech, Glas, Papier, Holz oder Kunststoffe: Um unseren Abfall balgen sich heute diverse Unternehmen, kommunale und private, Marktriesen und Marktzwerge.

So touren "Lumpensammler" wieder mit Flötentönen und im Schritttempo durch die Gemeinden und möchten unsere alten Herde, Kühlschränke oder Drahtsesel einsacken. Die Recycling-Wirtschaft hat die Städte angesichts schwindender Rohstoffe als "Goldgruben" entdeckt - vergangenes Jahr wurde hierfür der Begriff "urban mining" adaptiert.

Gestern und vorgestern tagten im Seidenweberhaus über 200 Fachleute aus Unternehmen der kommunalen, aber auch der privaten Abfallwirtschaft sowie Politiker und Verwaltungsleute auf Einladung der Landesgruppe NRW des Verbandes kommunaler Abfallwirtschaft und Stadtreinigung (VKS im VKU). Das war durchaus keine Jubelveranstaltung.

VKS-Vorsitzender Patrick Hasenkamp (Geschäftsführer der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster) und sein Vertreter Ulrich Gilleßen (Geschäftsführer der Gesellschaft für Stadtreinigung und Abfallwirtschaft Krefeld) erkennen nämlich "beängstigende Oligopolisierungstendenzen": So hatten 2007 rund 250 kommunale Entsorger bei der bundesweiten Restmüllerfassung einen Marktanteil von 37 Prozent, während bei den privaten Konkurrenz sechs Unternehmen mehr als 50 Prozent des Marktes beherrschten.

Der Trend ist noch nicht gestoppt: Derzeit geht es den Müll-Oligarchen um die dualen Systeme (Leichtstoff-Verpackungsmüll) und um den Zugriff auf erlösträchtige Wertstoffe wie Altpapier und Altmetall. Die Firma Alba (Sitz in Berlin, sammelt in Krefeld Altglas) versucht gerade, sich die Firma Interseroh einzuverleiben.

"Den Privaten geht es nur um Gewinnmaximierung", sagt Patrick Hasenkamp. "Die Einsammlung funktioniert, so lange das Geschäftsziel erreicht wird." Bei fallenden Preise schwindet das Interesse schnell. Erfahrung von Ulrich Gilleßen in Krefeld: "Ist bei Alba ein Wagen defekt, wird der Container-Standort gar nicht erst angesteuert." Dort häuften sich dann die Flaschen: "Und wir müssen als Stadtreinigungsgesellschaft dann dort aufräumen."

Dass sich auch Verdi-Vorsitzender Frank Bsirske (Berlin) auf der Tagung in Krefeld sehen und hören ließ, hat mit dem Lohndumping in der Entsorgungsbranche zu tun, für die die Gewerkschaft vehement einen Mindestlohn fordert. Der Tarif des privaten Arbeitgeberverbandes (BDE) unterscheidet sich von dem des Öffentlichen Dienstes gewaltig. So verdient ein Mitarbeiter, der gelbe Säcke auf den Wagen wirft, nur fünf Euro die Stunde. "Wir müssen aber für vergleichbare Arbeit bis zu 15 Euro die Stunde zahlen", so Gilleßen.

Die Verband der kommunalen Entsorger möchte, dass die Politik zurückrudert und das Allheilmittel nicht mehr in der Privatisierung sieht. Erklärtes Ziel: Die Bürger der Städte sollen mehr Nutzen von den Entsorgung (Rückführung von Gewinnanteilen in den Gebührenhaushalt) haben als privaten Unternehmen die Taschen zu füllen.

Zu den unterschiedlichen Gebühren in den NRW-Kommunen erklärt Verbandschef Hasenkamp: "Jede Kommune ist abfallwirtschaftlich ein Unikat, arbeitet nach unterschiedlichen politischen Vorgaben, mit unterschiedlicher Technik und Serviceangeboten. Dazu kommen differenzierte Sozialstrukturen." Insofern sei der alljährliche Gebührenvergleich des Bundes Deutscher Steuerzahler wie der "von Äpfeln mit Birnen."