Erinnerung an den Spiegel-Künstler Luthers 30. Todestag wird fern der Heimat gefeiert

Adolf Luther starb 1990 in Krefeld. Doch Teile seiner Sammlung bleiben in Frankfurt, die Erinnerungsausstellungen finden in Kaiserslautern und Bochum statt.

Adolf Luther sammelte nicht nur seine eigene Kunst, sondern auch die der Kollegen. Dies wird in seinem Wohnhaus deutlich, das heute von Magdalena Broska betreut wird.

Foto: Helga Meister

Adolf Luther ist ein Krefelder „Junge“. Hier wurde er 1912 geboren und 1990 zu Grabe getragen. In seiner Heimatstadt gründete er noch kurz vor seinem Tode die Adolf-Luther-Stiftung, hinterließ zur Finanzierung gewinnbringende Immobilien, aber auch eine kostbare Sammlung der Zero-Künstler, der Nouveaux Réalistes und der geometrischen Abstraktion. Ausstellungen zu seinem 30. Todestag sind jedoch nicht in Krefeld geplant. Und die kostbaren Werke zu Fontana, Arman, Ad Reinhardt und Günther Uecker bleiben als Dauerleihgaben im Frankfurter Städel-Museum. Das hört sich merkwürdig an.

Ende 2013 stellte die FDP-Ratsfraktion eine Anfrage im Kulturausschuss, warum zehn kostbare Werke aus der Luther-Stiftung ins Städel gingen. Magdalena Broska hatte die Werke 1990 den Krefelder Kunstmuseen als Dauerleihgabe übergeben. Dort wurden sie nur anfangs ausgestellt, seitdem lagerten sie im Depot. Damit blieb ein Wunsch von Adolf Luther unerfüllt, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die FDP schlug seinerzeit vor, nach der Wiedereröffnung des sanierten und umgebauten Kaiser-Wilhelm-Museums der Luther-Stiftung „eine Perspektive zu geben“. Sie begründete dies damit, dass sich Luther trotz seines internationalen Ranges stets als Krefelder verstanden habe. Bester Beweis sei es, seine Sammlung seiner Heimatstadt als Dauerleihgabe zur Verfügung zu stellen. Seit der FDP-Anfrage sind sieben Jahre vergangen, aber einen Museumsraum ihm zu Ehren gibt es noch immer nicht.

Magdalena Broska arbeitet seit 30 Jahren für die Luther-Stiftung. Sie betont, Luther sei zumindest im Rathaus und in der Stadt Krefeld immer gut vertreten gewesen. Für die Krefelder Politiker sei er auch heute noch präsent.

Luther wurde bei den Architekten der Betonbauten zum Star

Einen möglichen Grund für die Abstinenz im Museum sieht Broska darin, dass Luther immer ein Außenseiter war. Erst mit 45 Jahren hängte er seinen Beruf als Verwaltungsrichter in Düsseldorf an den Nagel. Als er 1960 seine erste Ausstellung in London hatte, schrieb er selbst Briefe an den Ministerpräsidenten und an andere höhergestellte Persönlichkeiten aus Politik und Verwaltung. Er habe sich auch später selbst promotet, so Broska, und die Einführungsreden selbst gehalten.

Luther wurde berühmt, auch ohne Zero. Er verwandelte die Betonlastigkeit der Architektur durch die Leichtigkeit seiner Werke. 1962 verwendete er erstmals konkav gewölbte Hohlspiegel, die ihre Vorbilder auf dem Kopf stehend in den Raum projizieren. 1970 schuf er die ersten Laserobjekte. Ab 1971 werden die Hohlspiegelobjekte integraler Bestandteil der Architektur. Sie glänzten bei den Olympischen Spielen in München, wo man sie inzwischen allerdings komplett zerstörte. Sie hängen in der Decke der Düsseldorfer Tonhalle, in Nordkirchen und am Bundestagsgebäude Altes Wasserwerk in Bonn. Beispielhaft gehegt und gepflegt werden die Linsen auf dem Ostwall in Krefeld, während die Spiegeldecke im Hauptbahnhof Düsseldorf derart unglücklich installiert war, dass Luther das Urheberrecht an die Bahn abgetreten hat.

Luther baute für den Bund, die Länder und die großen Firmen. Sphärische Hohlspiegelwände, gegenläufig sich drehend, entstanden für die Stadtsparkasse Wuppertal; für die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg besetzte er das Foyer mit blauen, rotierenden Hohlspiegeln. 1974 baute er für das RWI-Haus in Düsseldorf sphärische, runde, schräg gestellte Linsen. Im gleichen Jahr entstand für die Universität Stuttgart eine strenge Hohlspiegelwand. Wenn heute seine Objekte auf den Markt kommen, erzielen sie auf den Auktionen sehr hohe Preise.

Luther war nicht nur sehr produktiv, er sammelte auch die Kunst der Kollegen. Er kaufte etwa bei Hans Mayer in Düsseldorf. Er besaß einen originalen Yves Klein. Er hatte Freunde wie das Sammler-Ehepaar Etzold aus Mönchengladbach, mit dem er durch die Galerien zog. Heute gehört die Sammlung gleichfalls zur Adolf-Luther-Stiftung.

Retrospektive ist im Bochumer Museum Unter Tage geplant

Im Internet ist alles aufgelistet, was er kaufte. So lagert im Depot des Kaiser-Wilhelm-Museums die „Unter­richt­s­tafel“ von Joseph Beuys aus dem „Büro für Direkte Demo­kratie“ von 1971, eine jener berühmten, dunklen Schultafeln, die Beuys mit weißer Kreide beschriftete. Wo auch immer eine Ausstellung von Marcel Duchamp gezeigt wird, kommt die 68-teilige Schachtel von 1963 zu Tage. Günther Uecker war 30 Jahre alt, als er 1960 mit Holzpfeilen auf die Leinwand schoss und „Le trou du coeur“ (Das Nest des Herzens) schuf. Seit Mitte der 1990er-Jahre erweiterte die Stiftung im Rahmen ihrer Kunstpreisträger die Sammlung um Werke junger, inzwischen gleichfalls berühmter Künstler. So kamen Arbeiten von Andreas Slominski, Michel Verjux, Bethan Huws, Stephen Craig, Katja Strunz und Julius Popp ins Haus.

Am 20. September 1990 starb Luther, er ist 30 Jahre tot. Dieses Datum begeht die Stiftung andernorts. Am 14. August eröffnet Broska eine Ausstellung zu Luther und seiner Sammlung in der Pfalzgalerie Kaiserslautern. Und ab Januar 2021 ist der Künstler mitsamt seiner Sammlung in einer großen, repräsentativen Ausstellung im Museum Unter Tage (MUT) der Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum zu sehen.