Allein auf Streife — mit 125 PS
André Wagner gehört mit elf Kollegen zur Motorrad-Staffel der Polizei. Für ihn ein Traumjob — mit Stressfaktor.
André Wagner ist Oberkommissar bei der Krefelder Polizei. Der 33-Jährige gehört seit zweieinhalb Jahren der sogenannten Krad-Staffel an, seinen Arbeitstag verbringt er auf dem Motorrad. Wagner ist einer von elf Männern in der Staffel, nur eine Frau ist dabei. Das Team teilt sich acht Motorräder. Mit der WZ spricht der Krefelder über seine Entscheidung, Motorrad-Polizist geworden zu sein, seinen Alltag und die besonderen Herausforderungen auf zwei Rädern.
Herr Wagner, was ist der Unterschied zum Dienst im Streifenwagen?
André Wagner: Es sind andere Einsätze. Ich bin sozusagen ein Alleineinschreiter. Wir haben aber alle dieselbe Ausbildung absolviert. Ich habe noch ein zweiwöchiges Fahrsicherheitstraining auf dem Motorrad in Münster gemacht. Sonst ist eigentlich alles gleich.
Wie gehen Sie vor, wenn Sie alleine als Erster in eine brenzlige Situation geraten?
Wagner: Es geht immer darum, vorsichtig vorzugehen. Ich habe ja keine Absicherung wie im Streifendienst. Über Funk rufe ich nach Verstärkung. Es ist immer die Frage: Ist das machbar? Ich habe schon aufbrausende Leute erlebt, sofort die Leitstelle angerufen. Kommunikativ habe ich es geschafft, so weit zu kommen, bis der Streifenwagen da war.
Gibt es ein bestimmtes, vielleicht kurioses Erlebnis, an das Sie sich erinnern?
Wagner: Ich wollte einmal einen Rollerfahrer kontrollieren. Als ich abstieg, fuhr er plötzlich los, gab Vollgas und war weg, wollte flüchten. Es war eine Stresssituation. Die Maschine sprang nicht sofort an. Ich muss ja auf dem Motorrad vieles erledigen. Man kommt an seine Grenzen. Wir sind ja alleine unterwegs. Die Leitstelle informieren, Blaulicht einschalten, Martinshorn, gucken, dass mich keiner umfährt, den Flüchtenden im Auge behalten. Es war eine Verfolgungsjagd. Ich habe ihn zwischendurch im dichten Verkehr aus den Augen verloren. An Ampeln bin ich mit Vorsicht über die Kreuzung gefahren. Der Rollerfahrer nicht. Wir haben ihn bekommen, auch mit Hilfe von Streifenwagen und Zeugenaussagen.
Braucht es bestimmte Anforderungen, um Motorrad-Polizist zu werden?
Wagner: Ein Führerschein ist notwendig. Der wird nicht mehr von der Polizei bezahlt. Außer der Diensterfahrung, bei mir waren es drei bis vier Jahre, ist nichts Besonderes erforderlich. Man braucht natürlich ein gewisses Auftreten, man muss sicher wirken bei dem, was man macht. Aber das betrifft auch die Kollegen im Streifendienst. Ich bin ja allein unterwegs, muss alleine Entscheidungen vor Ort treffen können.
Wie sieht Ihr typischer Einsatz auf dem Motorrad aus?
Wagner: Die Leitstelle sieht immer, was ich mache. Wir befahren das gesamte Stadtgebiet, wir haben keine festen Vorgaben, wo wir entlangfahren müssen. Da haben wir freie Hand. Natürlich fahren wir die Stellen, an denen häufig etwas passiert, öfter an. Wir fahren nicht alles mit, sind eher auch unterstützend.
Wie meinen Sie das?
Wagner: Zu großen Schlägereien oder Streitigkeiten, die eskalieren könnten, können wir gerne mitfahren. Es fährt aber eher ein Streifenwagen dahin. Wir können bei kleinen Unfällen helfen, Fahndungen, bei Tätern auf der Flucht oder vermissten Kindern oder bei Sonderdiensten beim KEV oder KFC. Wir kümmern uns um Verkehrsunfälle, Verkehrsbehinderungen oder die Überwachung des Verkehrs. Mit dem Motorrad kommen wir schneller an die Autos heran oder können im unwegsamen Gelände besser fahren. Manchmal stehen wir auch an Schulen und schauen, dass die Eltern vernünftig parken. Wir suchen das Gespräch, sagen auch, dass das Rangieren gefährlich ist für die Kinder.
Wie sind Sie in den Motorraddienst gekommen?
Wagner: Ich habe 2007 bei der Polizei angefangen. Nach der Ausbildung habe ich zunächst fünf Jahre im normalen Streifendienst verbracht. Dann habe ich mich bei der Krad-Staffel beworben. Die Stellen waren ausgeschrieben. Seit zweieinhalb Jahren bin ich nun dort, weil ich eine neue Herausforderung gesucht habe. Auf dem Motorrad ist man allein, man trifft allein Entscheidungen, das sind neue Herausforderungen. Die größere Entscheidungskompetenz ist ein Reiz. Ich fahre auch privat Motorrad. So konnte ich das mit dem Beruf verbinden. Zur Polizei zu gehen, war immer ein Traum von mir. Ich habe mein Fachabitur nachgeholt, wollte aber nicht irgendwie ins Büro. Ich wollte etwas haben, wo es jeden Tag etwas Neues gibt.
Sind Sie schon einmal in eine körperliche Auseinandersetzung geraten?
Wagner: In meiner Zeit als Motorrad-Polizist noch nicht.
Müssen Sie eigentlich auch bei Glatteis aufs Motorrad steigen?
Wagner: Wir werden nicht gezwungen. Wir können auch auf die Wagen ausweichen. Es geht um unsere Gesundheit.