Bei Krefelder Tafel gibt es keine Zurückweisungen
Verhältnisse wie in Essen gibt es nicht, aber auch die örtliche Einrichtung ist an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen.
Das Thema Essener Tafel und die zeitweilige Zurückweisung von Migranten ist auch beim Seniorenbeirat der Stadt Krefeld angekommen. Bei der jüngsten Sitzung im Rathaus war Hansgeorg Rehbein, der Vorsitzende der Krefelder Tafel, dazu eingeladen. Er wiederholte die schon oft gemachte Aussage: „Wir machen so etwas nicht. Wer Hilfe benötigt, bekommt sie.“ Fast eine Dreiviertelstunde informierte er über die seit vielen Jahren in Krefeld bestehende Einrichtung unter dem Thema „Brücke zwischen Überfluss und Mangel“.
Dort präsentierte er eindrucksvolle Zahlen: Jährlich werfen die Deutschen 18 Millionen Tonnen Lebensmittel weg, das sind im Durchschnitt 81 Kilogramm für jeden. Dagegen stehen 13 Millionen Bundesbürger, rund 15 Prozent, an der Schwelle zur Armut. „Die Tafeln“, so Rehbein, „basieren auf einer simplen Idee: Sie suchen den Ausgleich.“ In Krefeld setzen sich 150 Ehrenamtliche jede Woche dafür ein, dass gespendete Lebensmittel verteilt werden. Fünf Krefelder Ausgabestellen gibt es, die Zentrale ist auf der Friedrich-Ebert-Straße, Ecke Schönwasserstraße. Dort steht der große Luftschutzbunker.
Im Januar stand dieser kurzzeitig nicht zur Verfügung, da sich Teile des Dachs gelöst hatten und drohten, auf die Passanten zu fallen. Deshalb wurde die Lebensmittelausgabe auf den Schulhof der benachbarten Gesamtschule Kaiserplatz verlegt. In Abstimmung mit dem Eigentümer, der Bundesvermögensverwaltung, können die Lager- und Kühlräume weiter genutzt werden. Doch Rehbein sucht nach einer Dauerlösung. Erfreulicherweise ist die mittägliche Essenausgabe in den benachbarten Räumen der Gemeinde Herz Jesu weiterhin möglich.
Bedürftige, die einen Ausweis bekommen und sich je nach Familienstand wöchentlich einmal versorgen können, zahlen pro Woche einen Euro. Dadurch möchte man auch die Wertschätzung für Lebensmittel stärken. Mit dem Flüchtlingsstrom 2015 kam die Tafel an ihre Kapazitätsgrenze, der Bedarf stieg um 50 Prozent. Rehbein hob das hohe ehrenamtliche Engagement der Mitarbeiter hervor und lobte das Spendenaufkommen. „Es ist immer wieder spannend, ob wir im November und Dezember genügend Zuwendungen bekommen, um unsere Aufgaben erfüllen zu können.“
Ein zweites wichtiges Thema des Abends war das Rederecht bei den Sitzungen der Bezirksvertretungen. Die Seniorenvertretung, deren rund 25 Mitglieder von den Sozialverbänden, Kirchen, Gewerkschaften und Parteien delegiert sind, wünschen sich ein verbrieftes Rederecht.
Dem entgegen stehen die gesetzlichen Vorschriften der Gemeindeordnung. Beigeordneter Thomas Visser, der seit April auch für das Sozialwesen zuständig ist, empfahl, sich mit den einzelnen Bezirksvorstehern zu einigen. „Praktizieren Sie doch das sogenannte Rheinische-Einvernehmen“, war sein Rat: „Auch bei Ausschusssitzungen wird schon einmal die Sitzung unterbrochen, um Expertenwissen abzufragen.“ Ansonsten, so seine Befürchtung, müsste beispielsweise auch Jugend- und Sportvertretern ein Anhörungs- und Rederecht zugebilligt werden. Das fällt dem Gesetzgeber schwer.