Wahlkampf Lindner: Das persönliche Gespräch ist nicht digitalisierbar
Krefeld · Der FDP-Bundesparteivorsitzende macht zwei Wochen vor der Kommunalwahl Station in Krefeld.
Zwei Wochen vor der Kommunalwahl hat die FDP in Krefeld prominente Wahl-Unterstützung erhalten: Oberbürgermeister-Kandidat Joachim C. Heitmann, Vorsitzender der FDP in Krefeld, und der Bundestagsabgeordnete Otto Fricke, stellvertretender Vorsitzender der FDP in Krefeld, begrüßten auf dem Bahnsteig am Nordbahnhof den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner. Unter dem Titel „Wohin die Reise geht? Deutschland nach/vor Corona“ sprach er über Solidarität in dieser Zeit am Beispiel seiner eigenen Hausgemeinschaft in Berlin, wo die Jüngeren immer wieder angeboten haben, für die älteren Nachbarn einzukaufen. „Das war gelebte Solidarität jenseits der Instanzen des Sozialstaates.“ Über die Flexibilität des Staates und der Firmen, denen es gelungen sei, quasi über Nacht Massen an Mitarbeitern ins Homeoffice zu schicken.
Lindner ist gegen Verlängerung des Kurzarbeitergeldes
Er redete sich aber über diejenigen in Rage, die fahrlässig gegen Abstandsregeln verstoßen, über Verschwörungstheoretiker, Denunzianten und selbst ernannte Hilfssheriffs. „Lassen Sie uns all’ das nach der Krise vergessen, und lassen Sie uns nur das mitnehmen, was sich als gut erwiesen hat, nämlich Eigenverantwortung, Flexibilität und Solidarität.“ Er forderte mehr Anstrengungen für die Digitalisierung in Schulen. Lindner sprach sich gegen die Mehrwertsteuersenkung aus, die die große Koalition zur Ankurbelung der Wirtschaft bis Jahresende beschlossen hat. Gekostet habe dies 20 Milliarden Euro. „Damit hätte man alle 35 000 Schulen in Deutschland ans Breitbandnetz anschließen, an allen Schulen das modernste WLAN installieren, zusätzlich die Lehrer mit einem Notebook und Kinder aus bedürftigen Familien mit einem digitalen Endgerät ausstatten können. Und es wäre noch Geld übrig geblieben, um an allen Schulen die Toiletten zu sanieren“, sagte er unter Beifall.
Lindner prangerte das Fehlen von Masken zu Beginn der Pandemie an. „Wir haben eine nationale Erbsenreserve. Da habe ich gedacht, der Staat muss wirklich präpariert sein für Krisen. Jetzt macht er seine Depots auf und kann auch Schutzmasken verteilen. Doch bei dem wichtigsten Punkt, dem Bevölkerungsschutz, da waren wir plötzlich blank.“ Der FDP-Chef sprach sich gegen eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bis Ende kommenden Jahres und gegen eine Verlängerung des Aussetzens der Anzeigepflicht für eine Unternehmensinsolvenz aus. Beide Faktoren zusammen führten zu „Zombie-Unternehmen, die gar keine Überlebensperspektive mehr haben und nur mit Steuergeldern finanziert werden“.
Man merkt einem wie Christian Lindner an, dass er diese Live-Auftritte wirklich vermisst hat. Er sagt: „Nach dieser Pandemie weiß man eins um so mehr: So schön die digitalen Möglichkeiten sind, das persönliche Gespräch ist nicht digitalisierbar.“ Diese Gelegenheit nutzte Elmar te Neues, Präsident der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein. „Einkauf geht bei Amazon 24/7. Können wir nicht auch noch flexibler sein und den Unternehmen auch sonntags zeitweise erlauben zu öffnen, damit da noch ein wenig Konsum entstehen kann?“ Lindner: „Ja!“ Man sollte den Kommunen öfter gestatten, sonntags zu öffnen und das rechtssicher. Derzeit sei jeder genehmigte verkaufsoffene Sonntag eine Einladung an Verdi zur Klage. Lindner: „Wenn es gelänge, insgesamt 15 Sonntage im Jahr in einer Kommune zu öffnen, dann könnte man auch ganz andere Innenstadtkonzepte entwickeln.“
Zuvor hatte Joachim C. Heitmann die FDP-Positionen für Krefeld dargelegt: Neue Neubaugebiete, damit junge Menschen nach Krefeld ziehen und damit Krefeld perspektivisch keine Einwohner verliert. Neue Gewerbegebiete, damit neue Arbeitsplätze entstehen können. „Wir müssen investieren. Aber investieren wir richtig? Wollen wir über eine neue Veranstaltungshalle und ein neues Rathaus philosophieren, oder ist es nicht viel dringender, in Schulen, Kindergärten und Sporthallen zu investieren?“