Musik Musikalische Reise durch die Welt

Krefeld · Philip Lethen stellt für die achte Auflage von Distanz „International Funky” zusammen.

Mit den „The Four Shops“ kommt die selbst ernannte „Beste Band der Welt“ angeschoben – mit Elvis, dem Drummer.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Es ist ein Heimspiel für Krefelds beliebtes Musiker-Urgestein Waldo Karpenkiel; aber im Vorfeld auch mit Schwierigkeiten verbunden. Denn die sieben Mitglieder seiner Band „Too Funky“ sind allesamt stets und sehr beschäftigt. Für die achte Auflage von „Distanz“ der „Initiative Theaterplatz“ hat es geklappt, alle sind da. Mit ihnen gestalten vier weitere ganz unterschiedliche, aber sehr sehens- und hörenswerte Musiker und Gruppen auf zwei Bühnen und ebenerdig nahe am Publikum den Sommerabend.

Die Zuschauer haben ihren Spaß und zücken die Handys

Der Abend lautet: „International Funky“. Demzufolge hat Veranstalter Philip Lethen mit der Auswahl der Musiker und ihrer Arbeit eine musikalische Reise durch die Welt zusammengestellt. Es geht von Houston nach Afrika und ans Mittelmeer, von Brasilien nach Istanbul und zurück mit Jazz, Soul, Bossa Nova, Hiphop, Country und Reggae. Trotz der Multikulti-Musik kommen die meisten Akteure aus der Region; nicht selten mit Gitarre in der Hand oder Bass über dem Rücken, vor der Vorstellung, zu Fuß quer über den Platz.

Mit den „The Four Shops“ kommt die selbst ernannte „Beste Band der Welt“ angeschoben. Elvis, der Drummer, sitzt im weißen Glitzeranzug und samt technischem Equipment in einem Supermarkt-Einkaufswagen, befördert und begleitet von seinen drei Kollegen. Sie sind die Warm-Upper des Abends, haben aber mit dem Krefelder Publikum und dessen Animation ihre liebe Not, mit klatschen und antworten auf: „Are you ready?“. Von Kollegen wissen sie: „In Krefeld? Da kannst Du auch gleich auf einem Suizid-Kongress spielen.“

So schlimm ist es nicht: Die Zuschauer haben ihren Spaß und zücken die Handys. „The Four Shops“ sind selbst multikulti, kommen aus „Köln, Düsseldorf und Traar“, kennen aber nur eine Nation: „Mensch – der Rest ist Holländer“.

Der Choro, der im späten 19. Jahrhundert entstand und ein instrumentaler brasilianischer Musikstil ist, vereint neben spanischen Elementen auch Einflüsse von Polka, Walzer und afrikanischer Musik. Es sind die flotten Rhythmen, die Lebensfreude des Choro, die „Cordas Vivas“ ebenso wie das Publikum lieben und auf der großen Bühne spielen.

Die Musiker aus der Region kennen sich zwar, spielen in dieser Zusammensetzung jedoch noch nicht so lange zusammen. Sie hatten ihren ersten offiziellen Auftritt als „Cordas Vivas“ im Jazzkeller. Der oft als „Großvater von Bossa Nova und Samba“ bezeichnete Choro ist in Europa fast gänzlich unbekannt. Wie gut er und „Cordas Vivas“ ankommen, zeigt der große Applaus.

Wortspiele sind seine Sache: „Mel’s Mammals“, unter der Leitung von Till Menzer – oder Mel Tinzer - spielt jungen Jazz vom Niederrhein. Danach stellt der junge Musiker mit seinem Ensemble Stücke vor, die er während seiner einjährigen Schaffensphase in Istanbul komponiert hat. Viele kennen ihn aus dem Schlachthof.

Peri Sahin nahm für ihr Debut-Album „Suristan“ traditionelle Stücke aus dem mediterranen und lateinamerikanischen Raum auf. Es finden sich türkische, armenische, spanische und kurdische Stücke. Sogar ein Stück auf Ladino, auch als „Judenspanisch“ bezeichnet, ist dabei. Die Krefelder hörten sehnsuchtsvolle, beinahe magische Texte und baten um „Zugabe“.

Waldo Karpenkiel hat
ein Heimspiel

Mit Waldo Karpenkiel als Höhepunkt ging der Abend um Mitternacht zu Ende. Er und seine „Too Funky“ waren wunderbar groovy. Sie erreichten die Leute, obwohl der Abstand von der Bühne auf der ersten Etage des Seidenweberhauses groß war. Das Publikum zeigte sich sehr bewegt, konnte auch kaum stillsitzen. Die Künstler spielten Musik von „The Crusaders“, der US-amerikanischen Fusion-Jazz-Gruppe, die in den 1970er Jahren durch die Verbindung von Jazz und Funk erfolgreich war. Die Gründungsmitglieder fanden sich als Jugendliche in ihrer Heimatstadt Houston unter dem Namen „The Modern Jazz-Sextet“ zusammen. Karpenkiel: „Diese gute und anspruchsvolle Unterhaltungsmusik darf nicht in Vergessenheit geraten. Sie haben mit Joe Cocker und Tina Turner gearbeitet.“

Da Karpenkiel ohne Musik nicht sein kann, ist er in Corona-Zeiten ins Studio gegangen und hat eine CD mit „Krefelder Sauf- und Kackliedern“ produziert, die im Herbst erscheint. „Sie kommen nicht als Schunkel-Animation daher, sondern erleben in Jazz, Funk und Rock ’n’ Roll neue Arrangements.“