Demenz: Hilfe zur Selbsthilfe

Anträge, Ausflüge, Gespräche: Seit einem Jahr berät das Kontaktbüro am Alexianer Betroffene und Angehörige gleichermaßen.

Demenz: Hilfe zur Selbsthilfe
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Wenn ein Mensch an Demenz erkrankt, ist plötzlich nichts mehr wie es war. Für den Betroffenen, besonders aber auch für die Angehörigen. Die Familie, der Partner leidet mit — manchmal bis zur Selbstaufgabe. „Wenn jemand seinen Mann oder die Frau 24 Stunden am Tag pflegt, dann verlieren viele irgendwann den Kontakt zur Welt da draußen, die Möglichkeit, etwas im sozialen Kontext zu tun“, weiß Professor Dr. Ralf Ihl, Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie am Alexianer in Krefeld. Besonders einschneidend wird das, wenn die Demenz so weit fortgeschritten ist, dass der erkrankte Partner nicht mehr kommunizieren kann. „Dann wächst die Einsamkeit in der Zweisamkeit“, sagt Ihl. „Der Übergang von Stress und Überforderung ist meist fließend und kann ebenfalls zu schweren Erkrankungen wie Depressionen führen“, so die Erfahrung von Katrin Krah.

Krah ist Projektkoordinatorin des Kontaktbüros Pflegeselbsthilfe am Gerontopsychiatrischen Zentrum des Alexianers, das in Situationen wie diesen eine Anlaufstelle sein soll. Seit einem Jahr erhalten Angehörige und Erkrankte an der Oberdießemer Straße niedrigschwellige Angebote für die Hilfe zur Selbsthilfe: Wie beantrage ich einen Pflegegrad für meinen demenzkranken Mann? Und wie gehe ich vor, wenn der beantragte Pflegegrad abgelehnt wird? Wann habe ich Anspruch etwa auf eine Haushaltshilfe, die mich in der schweren Situation entlastet? Beim Kontaktbüro gibt es Antworten auf diese Fragen. Hier werden Informationen gebündelt, direkt vor Ort bei Anträgen oder Widersprüchen geholfen oder an den richtigen Ansprechpartner aus dem Hilfsnetzwerk weiterverwiesen.

Nicht zu unterschätzen sei der Austausch mit anderen Betroffenen, wie Mediziner Ihl erklärt: „In unseren neun Selbsthilfegruppen können Erkrankte und Angehörige gleichermaßen auf Augenhöhe über ihre Sorgen sprechen und erfahren, wie andere Betroffene mit der Situation umgehen.“ Neben den Gesprächsgruppen werden quartiersnahe Angebote etabliert, die die soziale Bindung im Wohnumfeld Betroffener stabilisieren sollen. „Menschen mit Demenz sind in ihrer Mobilität eingeschränkt, deshalb gehen wir mit Gruppenangeboten wie Bewegungs- oder Gedächtnistraining in die Stadtteile“, erklärt Krah. Dabei bestimmen Erkrankte und Angehörige selbst, „was sie brauchen und was sie nicht brauchen“.

Besonders gefragt seien Tagesausflüge, aber auch die Gruppenurlaube für Demenzkranke, die das Kontaktbüro mit der Hilfe von Pflegekräften, Sozialarbeitern und inzwischen 60 Ehrenamtlern organisiert. „Für viele Kranke, die keine Angehörigen haben, sind diese Angebote der Weg aus der Isolation, die Gruppen in unserer ambulanten Tagesklinik ein Familienersatz“, betont Chefarzt Ihl.