Krefeld Eckhard Lüdecke: „Gesicht der Innenstadt“ hört auf

Als Koordinator zahlreicher Großprojekte geht Eckhard Lüdecke heute nach 37 Jahren städteplanerischer Tätigkeit in den Ruhestand.

Foto: D. Jochmann

Krefeld. Stadtplanung ist kein einfaches Geschäft. Das weiß Eckhard Lüdecke zur Genüge. 37 Jahre lang hat der gebürtige Uerdinger zuletzt als Innenstadt- und Baustellen-Koordinator maßgeblich daran mitgearbeitet, dass die Innenstadt ein neues, modernes Gesicht erhält. Seine letzte große Aufgabe ist die Koordinierung der Umbauarbeiten der Haltestelle Ostwall/Rheinstraße gewesen. Bald 20 Jahre lang hat ihn das zentrale Thema beschäftigt. „Der Mensch, der das macht, darf keine Angst haben, sonst hat er verloren“, sagt der 66-Jährige im Rückblick auf sein berufliches Leben. Große Projekte seien ansonsten gar nicht zu stemmen. Am heutigen Freitag geht er in den Ruhestand.

„Konziliant im Ton, aber hart in der Sache“, sei sein Lebensmotto, sagt er bei einem Abschieds-Kaffee im früheren Baustellenbüro, in der ersten Etage des Eiscafés Gelato. Von hier oben hatte er fast zwei Jahre lang tagsüber die Riesenbaustelle genau im Blick und für die interessierten Bürger sowie betroffenen Anlieger ein offenes Ohr. Für die technische Umsetzung sei er nicht zuständig gewesen, aber für die Koordinierung und Vernetzung aller Akteure. „Ich habe immer für den Ostwall gekämpft“, sagt er.

Der Umbau der zu schmalen und nicht behindertengerechten alten Bahnsteige sei notwendig gewesen. Deshalb gab es die Überlegung in der Verwaltung: „Nutzen wir die Chance oder machen wir weiter Klein-Klein?“ Dass er für den großen Wurf ist, daran lässt er keinen Zweifel. Solche Projekt geben neuen Investoren entscheidende Impulse. Das hat Lüdecke im Rückblick bei seiner, nach eigenen Worten, erfolgreichsten Baustelle gesehen: Die Glas-Überdachung der Königstraße. „Der Umbau hat der gesamten Innenstadt einen Switch gegeben“, sagt er und strahlt.

Die in die Jahre gekommene Einkaufsstraße parallel zur Hochstraße sei in einer schwierigen Lage gewesen, Geschäfte mussten aufgeben werden, Leerstände von Ladenlokalen und Wohnungen drohten die Straße herunterzuziehen. „Die Eigentümer hatten das erkannt, ideale Sprecher mit Alois Lichtenberg und Helmut Bauer-Abeler gehabt, wollten handeln und selber investieren — und somit auch Verwaltung und Politik von der Neugestaltung überzeugt.“ Heute ist die überdachte Königstraße ein Vorbild für andere deutsche Einkaufsstädte.

Was dadurch alles angestoßen wurde, ist in der unmittelbaren Nähe gut zu erkennen: Zunächst folgte der Bau des Behnisch-Hauses durch private Investoren. An dessen nördlicher Kopfseite entstand der aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenkende, lebendige Stadtmarkt. Tenkhoff Properties kaufte das ehemalige, leerstehende Horten-Kaufhaus und sanierte es für 40 Millionen Euro. Heute floriert das Ostwall-Carree mit den Ankermietern Primark, Toys’R’Us und Rossmann.

„Wir haben durch die Neugestaltung der Königstraße viele neue Investoren in die Stadt gezogen, die bestimmte, wichtige Highlights brauchen, um selber aktiv zu werden“, fasst Lüdecke die Sogwirkung zusammen. Das sieht er auch Jahre später bei der Ostwall-Umgestaltung. Auch wenn es aus der Bürgerschaft viel Kritik an der Formensprache des Glasdaches gegeben habe, ist er überzeugt, dass Krefeld dringend diese großstädtische Attitüde braucht, um in der Konkurrenz zu anderen links- und rechtsrheinischen Städten auch künftig zu bestehen.

Dass der gelernte Architekt als Stadtplaner in einer Verwaltung einen langen Atem braucht, war ihm bei seinem Eintritt am 1. Dezember 1979 noch nicht bewusst. In den ersten Jahren kümmerte er sich unter anderem um die Neugestaltung von Rathaus-Umfeld, Schinkenplatz, Lindenplatz und Uerdinger Marktplatz. Er rekonstruierte den Friedrichsplatz nach historischem Vorbild, sanierte den historischen Stadtkern in Linn und entwickelte das Beleuchtungskonzept Innenstadt.

Einer seiner beruflichen Meilensteine sei die Zusammenarbeit mit Professor Klaus Humpert an dem „Rahmenplan Innenstadt“ gewesen. Eines der zahlreichen Planungskonzepte der vergangenen Jahrzehnte. „Und immer wieder ist der Ostwall ein zentrales Thema gewesen“, erinnert sich Lüdecke.

Bei all den Projekten habe ihm sehr geholfen, dass er „gerne quassele“. Kommunikationsfreude nennen das seine Gesprächspartner in den zahlreichen Gremien und Arbeitskreisen, in denen er sich engagierte. So gehörte Lüdecke beispielsweise zu den Gründungsmitgliedern des Aktivkreises südliche Innenstadt, in dem er sich auch im Ruhestand als beratendes Mitglied für die städtebauliche Entwicklung des Krefelder Südens einsetzen will. In seiner Zeit ist die Neusser Straße saniert, das Europa-Eck gebaut, der Platz vor dem alten Sinn-Haus neu gestaltet worden. Nur mit der Revitalisierung des denkmalgeschützten Stadtbades hat es bislang nicht geklappt.

Was er sich demnächst im Ruhestand für die Weiterentwicklung der Innenstadt wünscht? Die Antwort auf die Frage kommt ohne zu zögern: „Dass die Verantwortlichen kreativer und mutiger werden und den derzeit in der Stadt spürbaren Schwung mitnehmen.“ Das bezieht er nicht nur auf Baumaßnahmen, sondern vor allem auf die Atmosphäre in der Stadt. Er selber hat in der Vergangenheit unter anderem einen Leitfaden für die Gestaltung von Außengastronomie entwickelt.

„Wir haben einen tollen Ostwall, der zwar grün, aber als Boulevard nicht wirklich erkennbar ist.“ Nach seiner Vorstellung sollte der im Frühjahr zum Beispiel über 100 Meter lang mit einfarbigen Tulpen bepflanzt werden, damit die Bürger den Ostwall sofort als Eingangstor zur Innenstadt wahrnehmen. Auch die Wiederbelebung als Kunst-Wall, wie in den 90er-Jahre schon mal, wäre eine Bereicherung für das innerstädtische Leben.

Das will Lüdecke jetzt mit seiner Ehefrau und Familie genießen — und hin und wieder an Städtebau-Exkursionen teilnehmen, Vorträge halten und im Aktivkreis südliche Innenstadt als Privatier mitarbeiten.