Krefeld Endspiel Spielhalle: Jetzt droht Krefeld die Klagewelle

14 Tage vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes gibt es weder Plan noch Idee zur Umsetzung. Fünf Millionen Steuern stehen auf dem Spiel.

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Krefeld. Jetzt ist es fünf vor zwölf. Am 1. Dezember wird der neue Glücksspielstaatsvertrag gültig. Die Stadt Krefeld hat es in der fünfjährigen Übergangszeit bislang nicht geschafft, die Weichen zu stellen und Rechtssicherheit bei der Umsetzung zu gewährleisten. Eine Klagewelle der Betreiber droht, denn die Stadt wird viele Hallen schließen müssen. Das ist das eine Problem. Das andere: Krefeld, das bereits den Ausstieg aus der Haushaltssicherung vor Augen hat, rechnet in seinem Etat-Konzept mit fünf Millionen Einnahmen an Vergnügungssteuern. Von 63 Spielhallen. Ab 1. Dezember dürfen es laut Gesetz nur noch neun sein. Wie viel Steuer bleibt? Antworten soll, laut Stadtsprecher Timo Bauermeister, eine Vorlage für die Ratssitzung am 5. Dezember liefern, an der mit Hochdruck derzeit gearbeitet wird.

Künftig ist ein Mindestabstand zwischen Spielhallen von 350 Metern Luftlinie vorgegeben, pro Standort ist nur noch eine Konzession erlaubt, was zwölf Spielautomaten entspricht. Laut Abstandsberechnung müsste Krefeld die Anzahl der Spielhallen radikal reduzieren. Es weiß nur nicht, wie. Und wie es sich auswirken würde. „Auch unter Berücksichtigung der Besteuerungspraxis aus anderen Großstädten in Nordrhein-Westfalen vertritt die Verwaltung die Auffassung, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch keine gesicherten Erkenntnisse darüber vorliegen, ob und gegebenenfalls, in welchem Umfange, die Umsetzung des neuen Glückspielrechtes zu Ertragsveränderungen bei der Vergnügungssteuer führen könnte“, heißt es.

Vor diesem Hintergrund gehe der im Juli von der Verwaltung im Rat eingebrachte Haushaltsplanentwurf für 2018 zunächst einmal von einer unveränderten Ertragssituation der kommunalen Vergnügungssteuererhebung. Also wie 2017 von 5 190 000 Euro. „Der Verwaltung liegen bislang keine konkreten Erkenntnisse vor, die im Rahmen des Entwurfs des Haushaltsplanes für 2018 avisierten Ertragspositionen bei der Vergnügungssteuer zu verändern.“

Im Klartext: Niemand kann und will sagen, wie viele Hallen tatsächlich geschlossen werden müssen. Denn vor dem Gesetz steht eine Klagewelle der Betreiber, die zwei Wochen vor Inkrafttreten der neuen Regelung keinerlei Aussage über die Zukunft und die ihrer Angestellten treffen können. Es scheint derzeit noch keine Lösung für eine rechtssichere Umsetzung zu geben. Das Land Hessen wäre deshalb zuletzt fast komplett aus dem Glücksspielstaatsvertrag ausgestiegen, Schleswig-Holstein hat es getan. Und in Niedersachsen, wo sie im Losverfahren eine Art Existenzen-Lotterie versucht hatten, wurde das Verfahren von den Gerichten unter höchster bundesdeutscher Aufmerksamkeit als unzulässig wieder einkassiert. Krefeld dürften wie fast allen anderen NRW-Städten etliche Betreiber-Anträge auf Aufhebung des Mindestabstands oder auf Härtefallregelung vorliegen. Das sind juristische Kampfansagen.

Trotzdem gibt es ausgerechnet von dort Schützenhilfe. Branchenprimus Gauselmann betreibt fünf Filialen in Krefeld mit 38 Mitarbeitern und wäre von Schließungen doppelt betroffen, weil über 50 Prozent der Geräte bei den Mitbewerbern aus Gauselmann-Produktion stammen. Sagt Pressesprecher Mario Hoffmeister, und: „Die Kommunen sind genau so hilflos wie die Aufsteller. Sehr spät gab es erste Vollzugshinweise vom Land, in der letzten Woche dann noch mal eine neue Ausführungsbestimmung.“

Hoffmeister plädiert bei der Suchtprävention für einen qualitativen Ansatz statt des geplanten quantitativen. Ähnlich wie in Bayern. „Nur noch Viererkonzessionen, also größere Einheiten oder eine Genehmigung als Härtefall unter strengen Auflagen. TÜV-Zertifizierung, Spielerschutzbeauftragte, Zugangskontrollen, damit sich Spieler auch sperren lassen können. Dann kann sich kein Betreiber mehr rausreden.“ Die Realität ist aber ein Glücksspielstaatsvertrag, der Ende November in Krefeld noch nicht umgesetzt sein wird. Gauselmann, sagt Hoffmeister, werde um jeden Standort kämpfen. Wie alle Mitbewerber. Das wird noch turbulent.