Gewaltausbruch nach dem KFC-Spiel: Ein Augenzeuge berichtet
Nach dem KFC-Heimspiel tobte der Mob: Es gab Verletzte, demolierte Autos und mehr als 20 Festnahmen.
Krefeld. Seit 40 Jahren wohnt Heinrich Georg Kotthoff in der Nähe der Grotenburg. Aber solche Szenen wie am Freitagabend hat er noch nie erlebt: „Es war die Hölle, es war Krieg“, sagt der Anwohner der Tiergartenstraße, der die Straßenschlacht zwischen Polizei und Fußballfans nach dem KFC-Heimspiel gegen die Sportfreunde Siegen aus der Nähe beobachtet hat.
Kotthoff sah mit an, wie Betonplatten und Pflastersteine auf Polizisten flogen und Autos mit Eisenstangen demoliert wurden. Er half Menschen, die nach einer Pfefferspray-Attacke kaum noch aus den Augen gucken konnten. Und er musste zuschauen, wie auch Unbeteiligte, sogar Familien mit Kindern, zwischen die Fronten gerieten.
Selbst erfahrene Polizeibeamte lässt dieser Abend in Bockum sprachlos zurück. Sie zeigen sich „tief erschrocken“ über das „Aggressionspotenzial“, das sie zu spüren bekamen. Entsprechend vernichtend fällt ihre Bilanz aus: „Diese sogenannten Fußballfans haben sich nicht wie Fans, sondern nur wie gewaltbereite Straftäter aufgeführt.“
Das Spiel selbst, das aus KFC-Sicht mit 0:1 endete, war noch recht friedlich verlaufen. Laut Polizei kam es jedoch in der zweiten Halbzeit zu Rangeleien im Siegener Block. Als Beamte einschritten, leisteten drei Fans der Sportfreunde Widerstand und wurden festgenommen. Es war der Anfang einer Eskalation.
Denn nach dem Spiel weigerten sich die restlichen Siegener Fans, ohne ihre Kameraden die Heimreise anzutreten. Sie warteten an vier Reisebussen, die auf dem Parkplatz am Zoo abgestellt waren. Dieser Gruppe näherten sich unterdessen laut Polizei etwa 100 Uerdinger Fans.
Als die Beamten sich zwischen die Lager stellten, geriet die Situation außer Kontrolle. Laut Polizei warfen Fans des KFC Steine, Pflastersteine, Gullydeckel und Knallkörper „gezielt“ auf Beamte und Autos. Eine Polizistin wurde von einem Stein am Kopf getroffen: „Nur ihre Schutzausrüstung verhinderte eine schlimmere Verletzung“, so die Polizei. Auch parkende Wagen von Anwohnern wurden demoliert, Vorgärten verwüstet.
Für den unbeteiligten Zuschauer Heinrich Georg Kotthoff waren diese Gewaltausbrüche erschreckend — und er versteht, dass die Polizei entschlossen dagegen vorgeht. Dennoch fragt er sich, ob der Einsatz „so massiv und aggressiv“ hätte laufen müssen: „Manchmal wäre mehr Gelassenheit angebracht.“
Seinem Eindruck nach waren unter den Opfern, denen er half, das Pfefferspray aus den Augen zu waschen, „viele friedliche Fans jenseits der 50“. Kotthoff: „Die wollten nur zu ihren Autos. Doch da wurde vieles über einen Kamm geschoren.“
Allerdings dürfte die Lage vor Ort auch chaotisch gewesen sein. Selbst als die Randale auf der Tiergartenstraße sich auflöste, kam es noch zu einem Nachspiel auf der Uerdinger Straße. Laut Polizei hielt eine 20-köpfige Gruppe von KFC-Fans Autos an und bewarf sie mit Böllern und Steinen.
Die Bilanz des Abends fällt entsprechend aus: Sechs verletzte Polizisten, sechs kaputte Autos sowie 23 Festnahmen, davon 20 auf KFC-Seite. Hinzu kommt ein verletzter Zuschauer aus der Siegener Fanszene, der angab, niedergeschlagen worden zu sein.
Beim Verein sorgt die Gewaltorgie für Entsetzen: „Ich schütze Fans, aber Gewalttäter haben bei uns keinen Platz“, sagt KFC-Boss Lakis. Der Klub will nun die Täter ermitteln und Stadionverbote für die NRW-Liga erwirken.
Auch Vorstandsmitglied Andreas Scholten findet klare Worte: „Das ist asozial, wir distanzieren uns davon. Das Verhalten solcher Leute ist rufschädigend.“ Immer wieder hat der KFC Probleme mit gewaltbereiten Fans, steht damit aber nicht allein da, wie die jüngsten Vorkommnisse in Frankfurt oder Dortmund zeigen. Scholten schätzt die Zahl der Kategorie-C-Fans (höchst gewaltbereit) beim KFC auf fünf bis zehn: „Diese Idioten nutzen den Fußball nur als Bühne.“
Dafür sprechen auch einige Einträge im KFC-Forum. Dort schreiben Fans des Klubs, die sich in der Regel untereinander gut kennen, sie hätten die Randalierer noch nie zuvor beim KFC gesehen.