Hochschul-Studenten bauen neuen Boliden
Am 8. Juni soll der Rennwagen im Audimax vorgestellt werden, danach beginnen bereits die Rennen in Italien und Spanien.
Jannik Holm ist angehender Maschinenbauer im siebten Semester. In der großen Fertigungshalle steht er neben dem Rennwagen des Vorjahres, der nicht größer ist als ein Kart, 180 Kilogramm schwer und der ganze Stolz des Projekts Hochschule Niederrhein Racing. Es riecht nach Autowerkstatt. Schläuche, Kabel, Schrauben, alles ist gut sichtbar. Viel Handarbeit, viel Leidenschaft, viel Fachwissen stecken in diesem Boliden, der aber schon wieder Vergangenheit ist. Bis zum 8. Juni werden die Studierenden einen neuen Rennwagen gebaut haben.
Und das erfordert Entwicklergeist. Holm sagt: „Man darf nicht den gleichen Wagen zweimal bauen. Ziel ist die Weiterentwicklung.“ Am Computer ist der Neue schon fertig konzipiert. Er trägt den Namen RS18C. RS sind die Initialen des früheren Professors Rolf Schloms, der die Idee des Rennwagen-Baus 2010 an die Hochschule Niederrhein brachte. C steht für Combustion, also: Verbrennungsmotor. Weltweit gibt es diesen Hochschul-Wettbewerb um den besten Rennwagen seit mehr als drei Jahrzehnten. Sie gipfelt in der Formula Student, 500 Hochschulen rund um den Globus sind dabei, von Japan bis Amerika. Es geht um eine Konstruktionswertung. Dazu kommt eine Prüfung des Preis-Leistungsverhältnisses und ein sogenannter Business-Plan: die Studierenden preisen als imaginäre Firma ihr Fahrzeug quasi zum Verkauf an.
2012 stellten die Krefelder ihren ersten Rennwagen vor. Holm: „Wir werden stetig besser, auch wenn wir noch kein Topteam sind.“ In der Weltrangliste rangiert die HS Niederrhein irgendwo im Mittelfeld. Michael Heber, Professor für Maschinenbau, schaut seinen Studierenden über die Schulter, er beobachtet das Projekt. Bauen, schrauben und entwerfen sollen die Studierenden aber selbst: „Die Formula Student ist schon ein Begriff in der Welt des Maschinenbaus. Man wird in Vorstellungsgesprächen auch schon mal gefragt, ob man hier teilgenommen hat und danach abgefragt.“
Die HS Niederrhein bietet nur allgemeinen Maschinenbau an, nicht etwa Fahrzeugbau. Die Nähe zu Autobauern fehlt, anders als in anderen Regionen. „Da müssen wir uns die Kenntnisse erst erarbeiten“, sagt Heber: „Die Prüfer aus den hochrangigen Auto-Unternehmen fühlen uns dennoch auf den Zahn.“ Der technische Leiter Kevin Pokorra sagt sogar; „Die fragen einen so lange, bis man nichts mehr weiß.“ Fünf Stunden pro Tag und sieben Tage die Woche werkeln die Studierenden von Ende August bis Anfang Juni an ihrem Projekt. Und da wären ja auch noch die Klausuren. Irgendjemanden der Gruppe treffe man immer in der Werkstatt, erzählt Heber.
Motor, Reifen, Felgen, Stoßdämpfer oder Sitze werden gekauft, alles andere stellen die jungen Leute hier selbst her, darunter angehende Designer, Wirtschaftsingenieure, Verfahrenstechniker oder E-Mechaniker. Jeder findet hier ein Betätigungsfeld. Doch ohne die zahlreichen Sponsoren wäre das nicht möglich. Die Software gibt es sogar gratis von den Unternehmen, manche stellen Rohmaterial zur Verfügung. 60 PS Leistung wird der RS18C mal auf die Straße bringen, einen Zylinder hat er, der Motor stammt aus dem Motorradbereich. Dazu Naturfaserverkleidung und Carbon-Boden. Anders als sein Vorgänger soll der neue Wagen aerodynamischer werden. Schnelle Beschleunigung und rasante Kurvenfahrt ist das Ziel.
Am 8. Juni soll der Rennwagen im Audimax vorgestellt werden. Danach beginnen die Rennen in Italien und Spanien. Die Studierenden sitzen selbst im Wagen, Rennfahrer werden nicht angeheuert. 200 Seiten Reglement sind zu erfüllen, vorher gibt es keine Starterlaubnis, berichtet Teammitglied Cristian Delgado. Da wird jede Schraube von den Prüfern vor Ort noch einmal untersucht. Besondere Sorgfalt ist in den nächsten Monaten geboten.