Kultur in Krefeld „Ein Konzert mit 100 Besuchern macht niemandem Spaß“

Krefeld · Keine Partys und Konzerte. Nur eine Handvoll Menschen in Theatern. Die Kunstszene in Krefeld wünscht sich mehr Erlaubnisse.

 Kufa-Vorsitzender Robin Lotze vor Plakaten jener Künstler, die in den letzten zwei Monaten in der Kufa hätten auftreten sollen.

Kufa-Vorsitzender Robin Lotze vor Plakaten jener Künstler, die in den letzten zwei Monaten in der Kufa hätten auftreten sollen.

Foto: Andreas Bischof

Die Bühnen leer, die Theken verwaist. Monatelang keine Konzerte, Partys und Auftritte? Wie lange kann das noch gut gehen für die Kulturfabrik, die seit 1983 allerlei Programm bietet und ein Treffpunkt für Generationen geworden ist? „Wir können noch einige Monate durchhalten“, antwortet Vorsitzender Robin Lotze. Aus einem Soforthilfe-Fonds hat die Kufa schon Geld erhalten, ist in Förderprogrammen vertreten. Mit einer Spendenaktion flossen zudem 20 000 Euro in die Kassen an der Dießemer Straße. „Es ist natürlich schwer wie für alle anderen Kulturbetriebe auch“, sagt Lotze, ein Ehrenamtler im Verein der Kufa, der sonst an einem Duisburger Theater beschäftigt ist und die Szene bestens kennt: „Der gesamte Kulturbetrieb ist darauf angewiesen, dass es irgendwann weitergeht“, sagt er.

Großveranstaltungen in Deutschland sind bis Ende August untersagt. Doch bei der Definition, was eine solche Großveranstaltung sei, fange schon das Problem an. „Wir fühlen uns da von der Politik etwas im Stich gelassen“, sagt Lotze. Die Kulturfabrik mit ihrer Industrie-Atmosphäre lebt auch davon, dass sie die beiden großen Hallen füllen kann. Bis zu 1300 Besucher könnten insgesamt dort Platz finden. Doch mit der Abstandsregel ist dies derzeit nicht vereinbar. „Ein Konzert mit 100 Besuchern macht niemandem Spaß. Weder dem Künstler, noch dem Besucher, noch dem Veranstalter.“ Ausrichten, um den Betrieb zumindest minimal anzufahren, sei keine gute Idee: „Geld verbrennen werden wir nicht“, sagt Lotze. Denn die Kosten übersteigen die Einnahmen.

Auch kleinere Auftritte von Künstlern in den Innenräumen seien derzeit nicht möglich. Mitarbeiter befanden sich in Kurzarbeit, sollen nun aber aus dieser wieder langsam herausgeholt werden. Auch Bernard Bosil verfolgt gespannt die täglichen Nachrichten. Sein „Jazzkeller“ in Krefelds Mitte hat seit dem 13. März zwangsmäßig geschlossen. Seine Hoffnung: An Pfingsten zumindest auf dem Platz vor dem Behnisch-Haus bewirten zu können, mit dem „Jazz Café“ und Kuchen, Kaffee und Bier. „Da bin ich recht optimistisch“, sagt er. Bis Ende der Woche soll eine Entscheidung der Behörden gefallen sein. Konzerte, Auftritte und Veranstaltungen, die Massen anziehen, sind weiter verboten. Der Jazzkeller bleibt geschlossen. Eigentlich laufen bis zu 180 Veranstaltungen im Jahr in den Katakomben unterhalb der Lohstraße. „Das Geschäft liegt brach“, sagt Bosil. Auf Entlassungen hat und will er verzichten. „Wir sind klein und familiär und versuchen uns durchzukämpfen.“

Kämpfen, das müssen auch Volker Schrills und seine Frau Stella Jabben, die das „Theater Blaues Haus“ in Hüls betreiben. „Ob wir über die Runden kommen, wissen wir noch nicht“, sagt Schrills. Gedanken, die Bühne für längere Zeit dicht zu machen, habe es anfangs gegeben. Nun aber will man kreative Lösungen finden. Das Puppen-Stück „Fifty shades of Gretel“ gehört genauso dazu wie eines zum aktuellen Thema Verschwörungstheorien und Rechtsradikalismus. Erhalt – das ist das Ziel des Theaters jetzt. Die Hoffnungen liegen auch auf der Unterstützung durch die Stadt und Politik. Derzeit könnte das Theater nur 18 von möglichen 70 Besuchern begrüßen. Pausen sind nicht erlaubt, damit Menschen nicht durcheinander laufen. „Wirtschaftlich ist es eine Katastrophe“, sagt Volker Schrills. Drei Mini-Jobber musste er schon entlassen.

Das „Theater hintenlinks“ hat der Stadt schon den Vorschlag eines Zelttheaters unterbreitet. „Es sollte ein Spielort geschaffen werden, den die freie Szene über Monate nutzen könnte – und in dem die Abstandsregeln eingehalten werden können“, sagt Geschäftsführerin Anuschka Gutowski. Derzeit fänden aufgrund der Bestimmungen nur 20 Besucher im kleinen Theater Platz. Die wirtschaftliche Wiederaufnahme des Spielbetriebs sei so nicht möglich. Anuschka Gutowski sendet Hilferufe: „Wir brauchen sehr bald Planungssicherheit. Wir wissen nicht, wie lange wir noch durchhalten können.“