Kinder erforschen die Natur
Hautnah erleben die Maximäuse des Kindergartens Dreikäsehoch das Leben in ihrem eigenen Kleingarten am Kanesdyk.
Inrath. Das Einfamilienhaus für Ohrenkneifer wird farbenfroh. Mit roter, blauer, grüner oder anderen Regenbogenfarben bemalen die Maximäuse die neuen Insektenunterkünfte. Die Fünf- bis Sechsjährigen des Kindergartens Dreikäsehoch sind mit Feuereifer dabei. Schließlich sollen es die Tiere in den Tontöpfen gemütlich haben. „Da können die Ohrenkneifer drin schlafen und kuscheln“, sagt Idriss (6). Im Stroh, das die Kinder gerade hineinstopfen. „Wenn es kalt wird, können sie da drin überwintern, und andere auch, Marienkäfer können da rein“, erzählt Alea (6). Die Mädchen und Jungen flechten noch Blüten an die Schnüre, an denen die rumgedrehten Töpfe aufgehängt werden. Die anderen haben ein paar Holzperlen als Dekoration aufgezogen.
„Die Ohrenkneifer oder Ohrenwürmer sind nützlich für den Garten, weil sie zum Beispiel Blattläuse fressen“, erklärt Kindergartenleiterin Elke Himmelein den zwölf Kindern, für die heute Gartentag ist. Zu den Maximäusen gehören die Mädchen und Jungen, die das letzte Jahr in der Kita sind und danach in die Schule gehen. Und sie sind diejenigen, die in den Genuss einer eigenen Parzelle beim Gartenbauverein Rosengarten am Kanesdyk kommen, der nur ein paar Meter weiter auf der anderen Straßenseite ihres Kindergartens liegt.
Seit 2012 nutzt die Einrichtung des Kinderschutzbunds das 400 Quadratmeter große Grundstück. Zwischen Apfel- und Birnbäumen, Weinreben und Kräuterbeet — inklusive Colapflanze —, Haselnuss- und Johannisbeerstrauch, Himbeer- und Brombeerbüschen und Blaubeerpflanzen erleben die Kleinen die Natur hautnah.
Erzieherin Julia Milk hat gerade aus einem der zahlreichen Garten-Kinderbüchern vorgelesen. René (6) hatte am meisten Spaß an der Geschichte vom Superwurm. „Das ist ein Held, der alles schafft“, sagt er über die Titelfigur. Wie wichtig Regenwürmer wirklich sind, wissen die Kinder.
Auf einem Poster im Innern der Kleingartenhütte sind diese Erdbewohner mit Maulwurf & Co. unter dem Titel „Wir beleben die Böden“ zu sehen. Aber die Kinder, die hier Hokaidokürbis-Pflanzen beim Wachsen und Tomaten und Gurken im Gewächshaus beim Klettern zugucken können, wissen selbstverständlich wie ein Regenwurm „in echt“ aussieht. Sie haben ihn schon beobachtet, wenn er beim Buddeln plötzlich im Loch lag, und haben ihn auch mal angefasst.
„Es ist wie eine Insel, ein Paradies“, sagt Himmelein, „manche Kinder haben ja keinen Balkon oder Garten. Hier fühlen, riechen, schmecken sie Natur. Das Ziel ist, mit kleinen Aktionen zu einer Behutsamkeit im Umgang mit der Umwelt zu kommen. Die Kinder sehen auch, wie mühsam es ist, bis zum Beispiel eine Tomate reif ist und bekommen Respekt für die Lebensmittel.“
Ein Schmetterling fliegt vorbei. Die Kinder juchzen begeistert. Kohlweißling oder Zitronenfalter, sie kennen sich aus. Und wenn einmal ein Falter vorbeihuscht, der für sie neu ist, schauen sie auf ihrem Überblickposter in der Hütte nach.
In dem Häuschen kommen sie auch bei Schauern unter. Hier wird außerdem gebastelt, gemalt, es gibt eine Leseecke. Und durch die kleine Küche kann auch das Frühstück und Mittagessen hierhin verlegt werden. Probleme gibt es noch mit dem Trinkwasser. Deswegen schleppen die Erzieherinnen Flaschen vom Kinder- in den Kleingarten. „Vor zwei Jahren hatten wir einen Wasserrohrbruch. Wir müssten die Leitungen ausgraben. Das wäre das nächste Projekt“, erzählt Himmelein, die dafür Hilfe brauchen könnte.
Gießen geht zum Glück. In den Ferien hilft der nette Kleingarten-Nachbar aus. Ums Wasser geht es auch gerade bei einem Experiment, das Erzieherin Chantale Chocko begleitet. „Wir haben nacheinander Erde, Sand und Kiesel in eine große Flasche getan und dann matschiges Wasser oben drauf gekippt“, erzählt Paul (6). „Und das Wasser kam unten sauber raus“, ergänzt Leon (6).
„Das ist wie ein Filter bei euren Eltern in der Kaffeemaschine“, erklärt Chantale Chocko. „Und die verschiedenen Schichten im Boden filtern auch den Dreck aus dem Wasser, das durch sie durchläuft“, ergänzt Himmelein, pflückt sich eine Brombeere aus dem dornenlosen Strauch, der wie viele der Früchte tragenden Gewächse im „Garten 61“ aus einer Spenden-Aktion der Westdeutschen Zeitung mit einem Augenoptik-Unternehmen stammt. „Meist geben die Kinder die Impulse dafür, was gemacht wird“, sagt die Kita-Leiterin, „aber als Nächstes wird auf jeden Fall Marmelade gekocht.“