Forschung NRW-Pilotprojekt: Auf der Suche nach Tiefenwärme in Krefeld

Krefeld · Der Geologische Dienst NRW untersucht mithilfe seismischer Messungen den tiefen Untergrund im Rheinland. Durch Krefelder Stadtgebiet führen drei Forschungs-Routen.

Die Vibrationsfahrzeuge (Vibro-Trucks) fahren nach Angabe des Geologischen Dienstes ausschließlich auf Straßen und Wegen. Alle 40 Meter halten sie an und schicken für etwa ein bis drei Minuten Schallwellen in den Untergrund.

Foto: GD NRW

Geothermische Wärme bietet große Chancen für eine regionale und klimafreundliche Wärmeversorgung: witterungsunabhängig, zu jeder Tages- und Nachtzeit, kostenstabil und mit wenig Flächenbedarf. Um das Potenzial dafür im zentralen Rheinland zwischen Viersen, Krefeld, Düsseldorf und Duisburg zu erkunden, führt der Geologische Dienst NRW (GD NRW) seismische Messungen durch, die Anfang Oktober beginnen werden.

Nordrhein-Westfalen bereitet den Einstieg in die Nutzung der Tiefengeothermie vor – um die Klimaschutzziele zu erreichen und um sich unabhängiger von Energieimporten zu machen. Daher hat der Landtag bereits am 20. März 2019 fraktionsübergreifend beschlossen, den Einsatz der Geothermie zu fördern, um die Wärmepotenziale des Landes optimal nutzen zu können.

Auf dieser Grundlage hat das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE) des Landes Nordrhein-Westfalen den GD NRW beauftragt, eine geothermale Charakterisierung des tiefen Untergrundes durchzuführen.

Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur: „Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen unterstützt mit den seismischen Untersuchungen im Rheinland Stadtwerke und Projektentwickelnde, um mögliche Potenziale für erneuerbare Wärme zu erschließen. Wir möchten, dass die tiefe Geothermie sich zu einem sicheren, zentralen Baustein einer klimafreundlichen Wärmeversorgung von morgen entwickelt.“

Die sogenannten seismischen Linien im Rheinland zeigen, wo genau in Krefeld und Umgebung nach Tiefenwärme gesucht werden soll.

Foto: GD NRW

Bei der hydrothermalen Geothermie wird natürlich vorkommendes Tiefenwasser genutzt, indem es durch eine mehrere tausend Meter tiefe Förderbohrung an die Oberfläche gepumpt wird. Dort gibt das heiße Wasser seine Energie über Wärmetauscher an den Energieverbraucher – beispielsweise ein Fernwärmenetz, einen Industriebetrieb oder ein Gewächshaus – ab und wird anschließend wieder in die Tiefe geleitet.

Ziel der seismischen Messungen ist es, in der Tiefe geeignete Gesteinsvorkommen zu identifizieren, welche heißes Tiefenwasser enthalten. Wenn dies der Fall ist, könnte die Region Rheinland ihre Wärmeversorgung mithilfe der Geothermie dekarbonisieren.

„Der Geologische Dienst NRW führt die Untersuchungen im Rahmen der geologischen Landesaufnahme durch“, sagt Ulrich Pahlke, Direktor des GD NRW. „Die Ergebnisse kommen den Regionen zugute, sie werden digital zur Verfügung gestellt und bilden daher wichtige Vorarbeiten für spätere Projekte.“

Die Vibro-Trucks erzeugen Schallwellen bis in die Tiefe

Um den Untergrund zu erkunden, erzeugten Spezialfahrzeuge, sogenannte Vibro-Trucks, mithilfe von Vibrationen Schallwellen, die an den Grenzen der verschiedenen Gesteinsarten reflektiert werden – ähnlich einer Ultraschalluntersuchung. Bohrungen oder andere Eingriffe in den Boden seien bei dieser Untersuchungsmethode nicht notwendig.

Drei Vibro-Trucks fahren in einem Konvoi entlang vorab festgelegter Messstrecken. Alle 40 Meter halten sie an und schicken über eine hydraulisch absenkbare Rüttelplatte am Boden der Fahrzeuge für eine bis drei Minuten Vibrationen in den Untergrund. Diese werden reflektiert und von sogenannten Geophonen (ähnlich Mikrophonen) empfangen. Aus den so gewonnenen Daten erstellt der GD NRW anschließend ein detailliertes Bild des Untergrundes.

„Aus bestehenden Daten wissen wir, dass in der Projektregion gleich zwei potenziell geeignete geothermische Zielhorizonte vorliegen: der karbonzeitliche Kohlenkalk sowie der devonzeitliche Massenkalk“, erklärt Projektleiter Ingo Schäfer. „Doch zur Struktur, Tiefenlage und Mächtigkeit sind noch viele Fragen offen. Darauf möchten wir durch die Untersuchungen Antworten bekommen.“

Geplant sind drei Messlinien von insgesamt 70 Kilometern Länge. Die Messlinie „Rheinland 1“ reicht von Schwalmtal über Viersen, Tönisvorst und Krefeld bis zum Elfrather See. „Rheinland 2“ kreuzt die Linie „Rheinland 1“ in Traar, verläuft durch Elfrath, Uerdingen, dann vorbei an Mündelheim, Wittlaer und Angermund, bis sie nordöstlich des Düsseldorfer Flughafens endet. „Rheinland 3“ führt von der Messe Düsseldorf nach Norden bis ins Duisburger Stadtzentrum.

Durch den langsam fahrenden Messkonvoi, der etwa einen halben Kilometer pro Stunde zurücklegt, kann es zu Verkehrsbehinderungen und Straßensperrungen kommen. Die Vibrationen seien in der Nähe der Fahrzeuge deutlich spür- und hörbar. Es komme zu kurzzeitigen Lärmbelästigungen. Für Gebäude sei die Vibrationsseismik unschädlich.

Um die Öffentlichkeit zu informieren, hat der GD NRW eine Webseite erstellt. Ab sofort werden auch auf Instagram, Facebook und Twitter unter @SeismikNRW regelmäßig Videos und tagesaktuelle Informationen veröffentlicht. Red

(Red)