Kommunalwahl 2020 CDU-Fraktionschef befürchtet ein 135-Millionen-Euro-Loch

Krefeld · Im Interview mit der Westdeutschen Zeitung spricht CDU-Fraktionschef Philibert Reuters über mögliche Partner im künftigen Stadtrat, die Krefelder Finanzsituation – und einen „Kaiser ohne Kleider“.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Philibert Reuters.

Foto: Andreas Bischof

Seit 2014 ist Philibert Reuters Fraktionsvorsitzender der CDU im Krefelder Stadtrat. „Wenn die Fraktion es wünscht, mache ich auch nach der Kommunalwahl weiter“, erklärt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Ursprünglich habe er das zwar anders geplant, sich dann aber umentschieden, nachdem feststand, dass sein Stellvertreter Jürgen Wettingfeld nicht mehr für den Rat kandidieren wird. „Es wäre verantwortungslos, gleichzeitig mit ihm zu gehen.“

Mit Blick auf die möglichen Ergebnisse der Wahl am 13. September gibt sich Reuters nüchtern: Es werde „höchstwahrscheinlich“ wieder einen Rat mit zwei großen, einer mittelgroßen und zwei kleinen Fraktionen sowie mehrere Einzelvertreter geben. „Natürlich wäre eine schwarz-gelbe Mehrheit schön.“ Er könne sich aber auch eine schwarz-grüne Mehrheit oder auch projektbezogene Mehrheiten mit anderen Fraktionen vorstellen. „Eine Beton-Opposition wäre nicht in unserem Interesse.“

Klar sei aber auch: „Es wird keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr mit der SPD geben.“ Darüber sei er „schon traurig“, da er vor allem mit seinem Gegenüber Benedikt Winzen sowie dessen Stellvertreter Jürgen Hengst professionell zusammengearbeitet habe. Nach dem „Wortbruch“ mit Blick auf die Wiederwahl der Stadtdirektorin Beate Zielke (den die SPD bestreitet) sei es damit aber vorbei.

Die größte Herausforderung der nächsten Ratsperiode sieht der 58-Jährige in den Finanzen. Die Verwaltung sei mit Blick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie ja optimistisch, er selbst sei aber vorsichtiger: „Wenn es schlecht läuft, sind wir bei 135 Millionen Euro, die uns fehlen.“ Dann müsse man zügig über „Nice-to-have-Projekte“ nachdenken, auf die man zunächst verschieben könne. Dazu zählt Reuters etwa das neue Verwaltungsgebäude oder die Veranstaltungshalle. Eventuell werde es notwendig, das Seidenweberhaus nochmals zu ertüchtigen. Nachdenken müsse man aber auch über die Sportstätten, etwa über dringend benötigte Flächen für den Schwimm- und Eishockey-Sport. Der CDU-Fraktionschef erinnert in dem Zusammenhang an den Vorschlag seiner Partei, ein reines Sportbad in Bockum zu bauen. Kosten von deutlich unter 20 Millionen Euro hatten die Christdemokraten dafür veranschlagt.

Weitere große Sparmöglichkeiten gibt es im Haushalt aus Sicht der CDU-Fraktionsvorsitzenden nicht. Wegen der hohen Sozialleistungen, die die Stadt zu bezahlen habe, bewege sich der Spielraum hier bei maximal 15 Prozent. Nun müsse man sehen, welche Auswirkungen die Pandemie auf Gewerbe- und Einkommensteuer habe.

Bei der Frage, welche Projekte geschoben werden können, sieht Reuters die Verwaltung in der Pflicht. Bis jetzt habe diese dazu aber nichts vorgelegt. Ohnehin sieht der CDU-Fraktionschef in der Krefelder Verwaltungsstruktur noch einigen Verbesserungsbedarf. Manche Prozesse dort liefen immer noch so wie vor 30 Jahren ab.

Gründung des Kommunalbetriebs sei richtig gewesen

Notwendig sei aber zum Beispiel die Einrichtung eines ständigen Controllings. Auch mit der Entscheidung von Oberbürgermeister Frank Meyer, Wirtschaftsförderer Eckart Preen gleichzeitig zum Wirtschaftsdezernenten zu machen, ist Reuters nach wie vor nicht glücklich: „In dem Bereich brauchen wir einen Top-Kommunikator, der auf Augenhöhe mit den Kapitänen aus Mittelstand und Industrie reden kann.“ Der Wirtschaftsdezernent dürfe daher nicht nur eine Lotsenfunktion haben, sondern eine echte Führungsposition.

Apropos Verwaltung: Die Gründung des Kommunalbetriebs Krefeld  im Sommer 2018 sieht Philibert Reuters nach wie vor als richtige Entscheidung an – auch wenn der KBK oft kritisiert wird. „Es war klar, dass rund fünf Jahre notwendig sein werden, bis alle Reibungsverluste abgebaut sind.“ Es sei aber ebenso wichtig gewesen, Verwaltungs-Prozesse zu optimieren. Im KBK sind damals Aufgaben aus den Bereichen Abfall, Abwasser, Sport, Umweltpädagogik, Friedhof, Grün und Straße in einer Anstalt Öffentlichen Rechts mit rund 400 Beschäftigten gebündelt worden.

Mit Blick auf die Wahl-Chancen seiner Partei hofft Philibert Reuters auf eine „gute Entwicklung“ für die CDU und ihre OB-Kandidatin Kerstin Jensen. Amtsinhaber Frank Meyer sei dagegen ein „Kaiser ohne Kleider“: Viel werde angekündigt, wenig umgesetzt.

Für Krefeld insgesamt vermisst Philibert Reuters derzeit ein Wir-Gefühl: Das gebe es für die einzelnen Stadtteile wie Fischeln, Uerdingen oder Hüls, aber nicht für die Gesamtstadt. Dabei habe Krefeld viel zu bieten, sei eine grüne Stadt mit großen Chancen für viel Aufenthaltsqualität. Aufwertungen seien aber im Kernbereich nötig, in Kombination mit dem Stadtmarketing müsse hier einiges optimiert werden. Der CDU-Fraktionsvorsitzende schlägt dazu auch eine stärkere Zusammenarbeit mit Niederrhein-Tourismus und anderen Anbietern vor, um Übernachtungs-Pakete in Verbindung mit interessanten Besichtigungen (etwa Brauereien, Yayla-Arena) zu schnüren.