Gastronomie Vom Jura-Studenten zum Gastronomen
Krefeld · Als sein Vater krank wurde, sprang Arda Yarali im Restaurant der Familie ein – nun ist er der Gastgeber. Ein 24-Jähriger zwischen Küche und Staatsexamen.
Arda Yarali erwartet den Besucher von der Zeitung vor dem Lokal seiner Familie. Die Sonne scheint auf das türkische Restaurant Arabul an der Wiedenhofstraße. Der 24-jährige Yarali schmeißt den elterlichen Laden neben seinem Jura-Studium, weil sein Vater schwer erkrankt ist. Um diesen Schritt für die Familie soll es bei dem Treffen eigentlich gehen. Eigentlich. Es ist wie immer, wenn Menschen aktuell miteinander reden.
Der eine sagt „Hallo“, der andere sagt „Corona“. Und so drängt sich, bevor wir hier über die besondere Geschichte der Yaralis sprechen wollen, das Thema dieser Wochen auf. Auch die Yaralis müssen zum Schutz vor dem Virus ihre Türen für viele Tage schließen. „Jetzt ist erstmal komplett zu“, sagt Yarali. Um ihn herum sieht es eigentlich so aus, als müssten nur noch die Gäste kommen. Da steht das Regal mit den türkischen Weinen, in der offenen Küche brennt Licht. Doch vorerst kommt niemand. Ein, zwei Monate Schließung sollte der Betrieb verkraften, sagt Yarali. Zusätzlich setzt er auf staatliche Hilfen. „Die Gastronomen haben viele Steuern gezahlt.“ Nun wünscht er sich Unterstützung in die andere Richtung.
Fünf Jahre gibt es das Lokal
mit türkischen Spezialitäten
Trotz allem: Der Optimismus bleibt. Yarali lacht viel. Denn er hofft, wenn alles vorbei ist, auf die „tollen Gäste und die starke Community“, die zum Restaurant gehöre. Für die Maßnahmen der Behörden hat der junge Mann Verständnis. Und da ist er wieder bei der Geschichte seiner eigenen Familie. „Gesundheit steht an oberster Stelle“, sagt er und schiebt hinterher: „Vor allem nachdem, was wir mit meinem Vater erlebt haben.“
Vor einem guten Jahr war klar: Arda muss Vater Güngör und Mutter Gülsüm helfen, damit es im Arabul weitergeht. Fünf Jahre ist der Laden nun alt. Der Vater machte das Lokal mit den türkischen Spezialitäten zum Erfolg. Erfahrung in der Gastronomie sammelte er vor der Selbstständigkeit reichlich. 35 Jahre lang hat Güngör Yarali als Kellner im Brauereiausschank Wienges und im Dachsbau gearbeitet. Dann folgte der Traum vom eigenen Restaurant.
Um diesen zu erhalten, sprang Arda nach der Erkrankung des Vaters ein. Neben dem Jura-Studium in Düsseldorf. Morgens Uni, abends Restaurant – ein anstrengender Rhythmus. In die Rolle des Gastgebers habe er sich erstmal einfinden müssen, sagt Yarali, obwohl er schon in den Semesterferien geholfen habe. Plötzlich war er der Chef im Haus, musste sich um den Service kümmern und auf die Gäste reagieren. Das erste Fazit fällt mittlerweile positiv aus. „Die Aufgabe macht viel Spaß“, sagt er und betont immer wieder die Dankbarkeit gegenüber seinen Kunden. Er habe viele Freunde dazugewonnen. Die Arbeit sei Ausgleich zur Uni geworden. Yarali freut sich, wenn die Gäste glücklich sind.
Und er ist nicht auf sich allein gestellt. Seine Mutter ist weiter dabei und ein junger Koch kümmert sich um die Gerichte. Yarali will das Restaurant dabei weiterentwickeln. So kontaktierte er einen früheren Klassenkameraden, der Design studiert hatte. Gemeinsam brachten sie die Karte auf Vordermann. Das kleine, quadratische Büchlein ist nun angereichert mit Motiven aus der Heimat, unter anderem der berühmten Istanbuler Straßenbahn.
Auch die Küche soll modernen, türkischen Standards entsprechen. „Für viele Menschen in Krefeld heißt türkisch Döner“, sagt Yarali. Dabei sei das Land kulinarisch weit mehr. Das möchte Yarali so gut wie möglich repräsentieren. Er schwärmt vom frischen Fisch, den es vor allem am Schwarzen Meer gebe. Dann nennt er die kalten Vorspeisen der Ägäis. Hinzu kämen die süßen Desserts mit Blätterteig, die im Osten der Türkei ihren Ursprung hätten. All das findet sich auch auf seiner Karte. Zudem gibt es viele Lammgerichte. „Außerdem haben wir das vielleicht leckerste vegane Gericht der Welt“, sagt Yarali. Es ist eine gebratene Aubergine, unter anderem gefüllt mit Paprika und Zwiebeln.
Für neue Inspirationen hält Yarali den Kontakt in die Türkei. Beim Auslandsemester in Istanbul knüpfte er viele Bekanntschaften. Er kennt Restaurantbetreiber dort und weiß, was sich in deren Küchen tut. Beim jährlichen Urlaub in Kayseri, dem Ort, aus dem Yaralis Vorfahren stammen, geht der Blick ebenso auf die Teller der dortigen Lokale.
Wie ein Profi spricht Yarali, der eigentlich nur aus der Not an den Tresen kam, über seine Ideen und seine Inspirationen. Und was wird aus der Juristerei? „Jetzt liegt der Fokus auf dem Staatsexamen“, sagt Yarali. Doch ohne Gastronomie will er wohl nicht mehr auskommen. „Ich hoffe, dass es das Arabul noch 100 Jahre gibt“, sagt er.