2raumwohnung: „Wir sind total Anti-Drama“

Das Duo 2raumwohnung mit Pop-Veteranin Inga Humpe kommt im März in die Kufa.

2raumwohnung: „Wir sind total Anti-Drama“
Foto: Das Kowalski Komitee

Frau Humpe, Sie kennen das Musikgeschäft seit den späten siebziger Jahren. Was sind die Unterschiede zwischen der Zeit der Neuen Deutschen Welle und dem Jahr 2014?

Inga Humpe: Der größte Unterschied ist, dass es 200 Mal mehr Musik gibt. Musik hat an Wert verloren, sie wird überall umsonst dazu gegeben. In jedem Klo, jedem Aufzug, jeder Warteschleife — Hähnchen-Musik und Pizza-Musik. Die Chancen junger Musiker sind zugleich schlechter geworden. Es ist schwierig, mit Musik Geld zu verdienen.

Hätte die junge Inga an einer Casting-Show teilgenommen, um berühmt zu werden?

Humpe: Das kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht hätte ich gar kein Interesse am Musikgeschäft gehabt. Das wirkt mir zu mechanisch, zu systematisch. Es ist nicht Kultur, sondern Unterhaltung. Es ist wie Karaoke. Jeder singt irgendwas nach, statt selbst etwas zu erfinden.

Was macht denn Kultur in diesem Zusammenhang aus?

Tommi Eckart: Kultur heißt, dass darüber gesprochen wird, dass Überraschendes entsteht. Wir wollen etwas Neues erfinden, statt Vorgaben zu erfüllen.

Was ist das Neue am neuen Album von 2raumwohnung?

Eckart: Wir wollen unseren Elektropop weiterentwickeln, uns von gängigen Groove-Strukturen entfernen. In den Höhen sollte Raum entstehen, weil der Rhythmus unten stattfindet. Humpe: Textlich wollen wir über Gefühle singen und Assoziationen schaffen, mit Worten, die in einem Schlager nie vorkämen. Es geht darum, bewusst Missverständnisse zu erzeugen.

Ist es eine Beleidigung, wenn jemand eure Musik Easy Listening nennt?

Humpe: Jede Schublade ist für uns ein Krampf. Wir machen moderne Musik — das muss reichen.

Bei euch wirken selbst die Balladen oft seltsam leicht und verspielt, etwa der Trennungssong „Bye, Bye, Bye“ auf dem neuen Album. Liegt euch die Melancholie nicht so?

Humpe: Ich empfinde das Lied als melancholisch, aber es soll eben nicht zum Drama werden. Der Song mag banal klingen, aber er wehrt sich gegen das Dramatische, das immer etwas Religiöses hat. Wir sind total Anti-Drama. Eckart: Der Song hat sogar eine gewisse Hinterhältigkeit, weil er zeigt, was nach einer Trennung noch alles passieren kann. Humpe: Wir bemühen uns, nie im romantischen Bild hängenzubleiben. Ich glaube fest daran, dass kein Gefühl pur ist. Darunter liegen immer noch zwölf andere Gefühle.