Das Unrock kehrt zurück
Der Plattenhändler und Konzertveranstalter Michael Stahl beendet sein Abenteuer in Essen — und landet wieder am Karlsplatz.
Krefeld. Das Bild mit dem Kreis, der sich schließt, ist ziemlich überstrapaziert. Dennoch passt es in diesem Fall perfekt: Das Unrock, jenes seltsame Gewächs der alternativen Musikszene, kehrt nach Krefeld zurück — und zwar an den Standort, wo es einst Wurzeln schlug. Noch im September eröffnet Michael Stahl seinen neuen alten Laden am Karlsplatz.
„Noch vor kurzem hätte ich das komplett ausgeschlossen“, sagt Stahl, der in seiner Krefelder Zeit weit mehr war als ein Plattenhändler. Mit der Unrock Series schuf er eine ungewöhnliche Konzertreihe und holte große Namen der Indie-Szene an den Niederrhein.
Auch in die Kulturpolitik mischte er sich ein, kritisierte lange vor der aktuellen Krise die Entwicklung der Kufa und warf der Stadt vor, neue Ideen in der freien Szene im Keim zu ersticken. Mit dieser Schelte nahm er damals Abschied und wanderte ins Ruhrgebiet aus.
Doch schon nach eineinhalb Jahren war ihm sein Laden in Essen-Rüttenscheid zu klein geworden. „Bei den Konzerten hatten wir teilweise 70 Besucher auf 20 Quadratmetern.“ Doch die Suche nach größeren Räumen war frustrierend: Essen boomt — und ist entsprechend teuer.
Dann stand eines Tages ein alter Bekannter im Essener Unrock und sagte den Satz: „Dein alter Laden ist frei.“ Zunächst war Stahl nur mäßig interessiert. Doch als er erfuhr, dass er eine dahinter liegende Halle günstig mitmieten kann, wurde er hellhörig. Der 40 Meter lange und acht Meter breite Saal klang plötzlich nach der Erfüllung eines Traums. Stahl wird dort eine Bühne einbauen, auch für Konzerte, zumindest akustische.
Die Entscheidung für die Rückkehr, so zufällig sie zustande kam, trifft Stahl sehr bewusst. Er glaubt, dass die Gegend um den Karlsplatz sich nach der Sanierung des Kaiser-Wilhelm-Museums positiv entwickeln wird. „Der Platz wird attraktiver. Dort kann etwas entstehen.“
Dass er mit dem erneuten Standortwechsel Kunden verliert, glaubt Stahl nicht. „Die Umsätze liegen inzwischen zu mehr als 80 Prozent im Online-Handel, und der ist standortunabhängig.“ Auch das eigene Label, das er gegründet hat, kann er von Krefeld aus betreiben. Mit Aussagen zur hiesigen Szene will er sich künftig zurückhalten: „Ich will nicht mehr das Rumpelstilzchen im Krefelder Kulturdschungel sein. Ich mache hier einfach mein eigenes Ding.“