Tanzfestival Move! endet mit schrillem Schlusspunkt
Krefeld · Die Anton Lachky Company zeigt mit „Ludum“ eine Stück auf hohem tänzerischen Niveau, das den Zuschauer nicht gleichgültig lässt.
Sieben Compagnien aus NRW und drei aus Belgien sind bei den 18. Krefelder Tagen für modernen Tanz in den letzten sechs Wochen in der Fabrik Heeder zu Gast gewesen. Wieder war eine große Vielfalt von Positionen des zeitgenössischen Tanzes zu erleben. Die Mischung aus bekannten Compagnien aus NRW und einem Schwerpunkt mit einem Gastland hat sich erneut bewährt. Die Gäste aus Belgien bestritten auch den Auftakt und Abschluss des Festivals.
Während die Compagnie Giolisu mit ihrem Stück „Il Dolce Domani“ für eine sehr poetische Eröffnung sorgte, hat die Anton Lachky Company mit „Ludum“ jetzt einen viel schrilleren Schlusspunkt gesetzt. In einem weißen leeren Raum, der nur durch seitlich sichtbare Scheinwerfer unterschiedlich beleuchtet ist, entwickelt sich ein Stück, das von hohem Tempo und dem Titel entsprechend, von einem spielerischen Grundzug gekennzeichnet ist.
Sequenzen von hohem Tempo wechseln sich ab mit Zeitlupe
Acht Tänzer erobern in unterschiedlichen Konstellationen den Raum. Mit großer Beweglichkeit bis hin zu akrobatischen Einlagen zeigen sie perfekte Körperbeherrschung auf hohem Niveau. Hohes Tempo verwandelt sich plötzlich in Sequenzen von zeitlupenartiger Langsamkeit. Die Personen kommen und gehen ohne ersichtliche Motivation. Sie loten Grenzen aus, verlieren sich in einem Spiel zwischen Realität und Virtualität.
Erst als nach dem ersten Drittel ein Paar die Bühne betritt, kommen erzählerische Momente ins Spiel. Die beiden geben ein skurriles Bild ab. Er trägt einen pinkfarbenen Anzug mit Cowboyhut und Stiefeln, sie ein glamouröses Abendkleid. Sie kommen, um sich auf spielerische Weise zu amüsieren. Sie unterhalten sich auf sehr exaltierte Weise, manchmal wird es zu textlastig und man hätte mehr auf die Sprache des Tanzes vertrauen können.
Die Grenzen zwischen Realität und Virtualität verschwimmen dabei zunehmend. Während sie an einer Tänzerin verschiedene imaginäre Knöpfe bedient und diese darauf wie ein Roboter reagiert, fantasiert er sich in eine Welt, in der er als Sheriff durch die Gegend reitet. Wohl bewusst wirkt das Ganze sehr künstlich und auch etwas albern.
Ein Spiel zwischen Wirklichkeit und virtueller Realität
Die Situation wechselt wieder in ein allgemeines, jetzt kämpferisches Spiel. Der Mann feuert die anderen Tänzer mit seinen Befehlen an, die Musik wechselt in peitschende Rhythmen, das Tempo wird atemlos. Plötzlich erscheint auf der Rückwand „Game over“. Die Stimmung ändert sich schlagartig. Man hört Vogelgezwitscher und ein sanftes Rauschen. Die Frau im Abendkleid kündigt das letzte Kapitel an. Weitere Optionen einer virtuellen Realität werden präsentiert. Eine Tänzerin, die sich äußerlich nicht verändert hat, stellt jetzt einen Schwan dar. In einer anderen Realität ist alles möglich. Es ist alles nur eine Frage der Fantasie oder auch des Geldes. Zahlen rattern über die Leinwand. Ein ernüchternder Moment, der jegliche Illusionen wieder nimmt.
Gegen Ende unternimmt diese schräge, vergnügungssüchtige Gesellschaft, die hier gezeigt wird, eine Reise ins Weltall. Hier gelingt die Gratwanderung zwischen Realität und Virtualität perfekt. In dieser imaginären Welt scheinen die Menschen glücklich zu sein. Ein Abend, der irritiert, spannende Fragen aufwirft, tänzerisch hohes Niveau zeigt, stellenweise anstrengt und einen nicht gleichgültig zurücklässt. Eben ein typischer Beitrag für das Festival Move!, das mit dieser Aufführung einen überzeugenden Schlussakzent gesetzt hat.