Othello-Premiere: Maskenspiele in der rauen Männerwelt

„Othello“ plätschert im Theater vor sich hin — nur die Schauspieler überzeugen.

Krefeld. Ein großes Tor verschließt die Bühne. Zuschauerraum und Vorbühne werden damit zum hermetisch abgeschlossenen Raum. Es ist die scheinbar intakte Welt einer Gesellschaft, die durch das Eindringen eines Außenseiters ins Wanken gerät.

Mit diesem starken Bild beginnt Matthias Gehrt seine Inszenierung von William Shakespeares „Othello“, die jetzt Krefelder Premiere feierte. Der Ort ist Venedig, wo der schwarze Immigrant Othello als General Erfolge feiert. Die Heirat mit Desdemona, Tochter eines Senators, scheint die Krönung seiner Karriere zu sein, doch trägt den Keim seines Untergangs in sich.

Denn der „Nigger“, wie es in Oliver Karbus’ mit Kraftausdrücken gespickter Übersetzung heißt, hat „Rassenschande“ begangen. Es ist Jago, der sich so abfällig äußert, die venezianische Gesellschaft gegen Othello aufbringt und seinen Rachefeldzug startet.

Bruno Winzen zeigt eindrucksvoll einen durch und durch bösen Charakter, von dem eine faszinierende Dämonie ausgeht. Wie er mit durchtriebener Liebenswürdigkeit Othello immer tiefer in den Eifersuchtswahn treibt und auch alle anderen Personen manipuliert, ist von großer schauspielerischer Finesse.

Damit wird er zum Dreh- und Angelpunkt der Inszenierung, was auf Kosten Othellos geht. Daniel Minettis Interpretation bleibt etwas indifferent, seine Andersartigkeit ist zu wenig von innen heraus spürbar, sondern bleibt maskenhaft, wie sein schwarz geschminktes Gesicht. Packender als seine Verzweiflungsausbrüche sind die stillen Momente, wenn er traumverloren mit den Haaren der toten Desdemona spielt.

Doch spätestens als die Handlung auf Zypern spielt, wird die Ausweglosigkeit des Dramas zu vorhersehbar, was dem Ganzen die Spannung nimmt. Die Tore des Eingangsbildes sind inzwischen weit geöffnet. Auf der fast leeren, düsteren Bühne (Gabriele Trinczek) befinden sich nur wenige zeichenhafte Elemente. Offenes Feuer lodert bis zum Tod Desdemonas in einer Tonne, im Hintergrund steht ein Billardtisch, an dem Felix Banholzer stumm und unbeirrt spielt. Schade, dass Gehrt diesen charismatischen Schauspieler nur als Statisten agieren lässt.

Auch bei den anderen vertraut er zu wenig auf ihre Fähigkeiten und lässt sie mit ihren grell weiß geschminkten Gesichtern oft zu schablonenhaft agieren. So ist Rodrigo (Paul Steinbach) ein deutlicher sichtbarer Verlierer, Cassio (Adrian Linke) nicht mehr als ein „aalglatter Windbeutel“, wie Jago formuliert. Erfrischende Präsenz zeigt Cornelius Gebert als Gouverneur von Zypern, allerdings muss er ihn — warum auch immer — als Hinkenden geben.

Felicitas Breest spielt eine recht kokette Desdemona, die erst in der Sterbeszene wirklich menschliche Züge zeigt. In ihrem reizvollen transparenten Kostüm (Ausstattung: Petra Wilke) wirkt sie von Beginn an wie ein zarter Spielball in der rauen Männerwelt. Das sind starke Kontraste, die ihre Wirkung nicht verfehlen, doch es bleiben einzelne Momente in einem insgesamt dahin plätschernden Abend. Der Applaus galt vor allem den Schauspielern.

Weitere Termine: 26. Februar, 1.,11., 13., 15. März; 22. April; 6.,11.,28. Mai. Karten unter Telefon 805 125.