Südbahnhof: Würdiges Abschlusskonzert mi Carla Bozulich
Krefeld. Eine Frau hockt stoisch mit ihrer E-Gitarre im kleinen Gewölbesaal des Südbahnhofs und manipuliert daran herum. Minutenlang kriechen verzerrte Töne durch den Raum. Ein Mann steuert mit Mini-Synthesizer und Laptop tiefe Electronic-Sounds zur Klangkulisse bei.
Es dauert, bis sich aus dem Wabern ein musikalisch dürres, gleichbleibend enervierendes Liedschema schält. Dann erhebt sich der Klagegesang der Carla Bozulich, ihr düsteres Abschiedsständchen für Michael Stahl hat begonnen.
Die Bozulich kann laut eigenem Bekunden kaum noch zählen, wie oft sie schon in Krefeld aufgetreten ist. Schuld daran ist Stahl, Betreiber des Plattenladens Unrock, der sie immer wieder hergeholt hat. Wie berichtet, wird Stahl sein Geschäft im neuen Jahr nach Essen verlegen. Bozulichs Duo-Auftritt mit John Eichenseer an Electronics und Bratsche ist das letzte Konzert, das Stahl vor dem Umzug hier veranstaltet.
Dunkel ist die Altstimme Bozulichs, und in ihren Texten ist viel vom Sterben die Rede. Oder vom Träumen oder Fliegen als dringlich angeratene Alternative — und dann wieder vom Sterben: „Tonight I die alone.“
Über die bis ins Rubato hinein verschleppte Begleitung stemmt Bozulich ihre traurigen Melodien, jedes Lied eine Anstrengung. Das Publikum steht still und starrt gebannt auf die mit geschlossenen Augen unmerklich schwankende Verkünderin düsterer Botschaften. Zum Schluss wankt sie auch noch durchs Publikum, lehnt sich bei einem Mann an, hakt sich beim nächsten fest und singt von dunklen Räumen der Seele, in die man ihr folgen soll. Das ist zu dieser Zeit eine überflüssige Botschaft, denn neun von zehn anwesenden Männern sind Bozulichs Melancholie da schon längst erlegen.
Stahl ist am Ende zufrieden. Das war ein passendes Abschlusskonzert für seine Krefelder Zeit. Er hat immer wieder Stars jenseits des Mainstreams nach Krefeld geholt. Auf seinen Laden wird man verzichten müssen, seine Reihe will er fortführen. kMs