Alin Coen in der Kufa: Schöne Verwirrung des Herzens

Alin Coen bringt Gefühle auf den Punkt. Und unser Autor ist völlig hingerissen.

Krefeld. Eine Verwirrung des Herzens. Offenbar. Was mache ich hier? Ich, fast 52, männlich, stehe in einem Saal mit gefühlt 280 jungen Frauen, die fast alle meine Töchter sein könnten. Gemeinsam hängen wir an den Lippen von Alin Coen, die auf der Bühne im kleinen Saal der Kufa steht und alles richtig macht: Die so schön singt, wie sie das eben kann, die so herzenswarm direkt durchs Programm führt, dass sie alle erreicht und erweicht — ach, Alin.

Insgesamt sind es 300 Fans, die die in Weimar lebende Sängerin und ihre Band sehen wollen, und der Frauenanteil mag — realistisch geschätzt — „nur“ bei 60 bis 70 Prozent liegen.

Besonders gut kommen vor allem Alins „unfröhliche“ Liebeslieder an. Sei es nun „Wolken“, „Die Nähe“ oder „Ich war hier“ — sie werden andächtig mitgesungen, und zwar weit ab vom Stil normaler „textsicherer Fans“, die die Refrains ihrer Idole meist eher mitgrölen. Hier singen ein Chor und ihre Vorsängerin, die Lieder werden gemeinsam durchlitten.

Coen findet die passenden Worte für die schwankenden Gefühle, die immer dann auftauchen, wenn zwischen zwei Menschen die Emotionen nicht in der Balance sind. „Einer will immer mehr“, bringt es der Titel eines neueren Lieds auf den Punkt. Die Kunst der Coen: Nie gleitet sie in Kitsch ab, sie schafft es, die widerstreitenden Gefühle ohne Pathos zu benennen.

Man könnte noch anmerken, dass die Band mit Jan Frisch an der Gitarre, Philipp Martin am E-Bass und Fabian Stevens am Schlagzeug über exquisite Musiker verfügt, die vermeintlich einfache Dinge richtig gut machen: Sie lassen ihrer Sängerin den Raum, um ihre Stimme in ihrer ganzen Bandbreite entfalten zu können, sie verknüpfen Jazz, Folk und Pop zu einem unverwechselbaren Sound, der nicht den Effekt sucht, sondern die Stimmung der Texte einfühlsam stützt.

Aber es bleibt die Verwirrung des Herzens? Oder nicht? Ach was. Alin Coen trifft eben den Ton — und das nicht nur für jüngere Frauen. Punkt.