HANDBALL Die Emotionen der Aufstiegshelden

Nach dem größten Erfolg der Vereinsgeschichte feierten die Spieler der HSG Krefeld bis um 8 Uhr in der Früh.

Für Kevin Christopher Brüren war das Spiel dramatisch und großartig zugleich: Zwei Tore erzielte der 25-Jährige für die HSG.

Foto: Heger

Das gleißende Scheinwerferlicht in der schmucken Rostocker Stadthalle war längst verloschen, die Zusatztribünen schon weggepackt, da tanzten die zukünftigen Zweitligaspieler der HSG Krefeld noch immer laut singend und feiernd durch die Katakomben. Einige Rostocker Spieler analysierten derweil im Halbdunkeln mit Eltern und Freunden auf den untersten Sitzreihen deprimiert die unglückliche Niederlage eines gewiss nicht schlechteren Gegners. Doch bei der Rückkehr auf das Holzparkett der eine Stunde zuvor noch mit 4638 Zuschauern restlos ausverkauften Arena suchten einige HSG-Spieler, allen voran Rechtsaußen Philipp Liesebach, gleich den Weg zum Rostocker Tor.

Liesebach wiederholt unter Jubel die Siegszene. Hier hatte Torjäger Kevin Christopher Büren im Hexenkessel mit seinem Goldwurf für den 24:22-Siegtreffer und den Aufstieg in die 2. Liga nur zwei Sekunden vor dem Schlusspfiff gesorgt. Liesebach nahm sich noch einmal den Ball und wiederholte vor den Augen seiner Mitspieler, ganz im Stile von Brüren, mit Anlauf die entscheidende Spielszene, um dann die Kugel unter einem Riesenjubel im gegnerischen Netz noch einmal zu versenken.

Rostocker sagen die geplante Feier in Warnemünde ab

Während die Krefelder sangen und feierten wurde auf Rostocker Seite die geplante Aufstiegsfeier am Abend in Warnemünde abgesagt. Die Empor-Verantwortlichen im Vip-Bereich der Stadthalle planten bereits das zweite Aufstiegsszenario und den heute beginnenden Kartenvorverkauf für den kommenden Sonntag. Dann ist die HSG Konstanz an der Ostsee zu Gast und nach einer 1000 Kilometer langen Anreise, der Gegner im ersten Finale der Verlierer.

Bei der HSG wirkten die Emotionen und die Dramatik des Wimpernschlagfinales nach. Kevin Christopher Brüren schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf, als könne er den größten Erfolg seiner Laufbahn nicht fassen. „Für die ganze Mannschaft war es das Spiel des Lebens, vor dieser Kulisse zu bestehen und den Aufstieg zu feiern, das ist zu schön, um wahr zu sein.“ Der 25-Jährige hatte ebenso kurz davor gestanden, der tragische Held zu werden. Nur zwei Tore, das erste zum 1:0 und der entscheidende Siegtreffer, steuerte der Torjäger zum 24:22 bei. Ein Lattentreffer, eine unnötige Zeitstrafe, ein, zwei Fehlwürfe und ein verworfener Siebenmeter, nagten am Selbstbewusstsein des Studenten. Der jedoch wurde immer wieder von Trainer Ronny Rogawska bei Verschnaufpausen auf der Bank aufgerichtet, ein Schulterklopfer hier, ein Abklatschen da, einige Wortwechsel. All das half, um das Angriffsspiel mit anzukurbeln. In den Schlusssekunden fand Brüren den Mut, der Dilkrather packte den Instinkt eines Torjägers aus, um den Ball im entscheidenden Moment in den Maschen unterzubringen.

Aufstiegsfeier endet
mit leisen Tönen

Um acht Uhr in der Frühe war Schluss mit Lustig. In der Sportsbar Karussell wurde es immer leiser. HSG-Kommunikationschef André Schicks war gerührt: „Die Jungs waren einfach mental völlig auf. Einige haben schon auf der Rückreise im Bus kein Wort mehr gesprochen, denn gefeiert. Die emotionale Berg- und Talfahrt verpackt halt jeder Mensch anders.“ Für Kapitän Marcel Görden und Stimmungskanone Tim Gentges, der seine Mannen zu immer neuen Songs animierte, wurde ein Traum wahr und die langjährige Freundschaft der zwei gekrönt. Görden beendet die Karriere. Gentges bleibt nach sechs Jahren als letzter Spieler des Gründungsteams übrig.