Torsten Voss und der Spagat eines Heimtrainers

Torsten Voss kann wegen seines Jobs nicht mit ins WM-Trainingslager. Aber Michael Schrader braucht einen Profi-Trainer.

Uerdingen. "Wer einmal vom Zehnkampfbazillus befallen ist, wird ihn nicht mehr los. Das war als Aktiver so und ist als Trainer nicht anders”, sagt Torsten Voss (SC Bayer 05 Uerdingen). Bei ihm dreht sich täglich fast alles um die Königsdisziplin der Leichtathletik. Selbst seinen Sommerurlaub hatte der 45-Jährige auf September verschoben, weil Beruf und Traineramt keine Zeit ließen.

Doch Voss ist eben kein Trainer wie jeder andere. Als lupenreiner "Amateur” betreut der Wahl-Hülser in Michael Schrader derzeit tatsächlich einen Topathleten auf Weltklasseniveau. Das ist einmalig in der Zehnkampfszene und im Profizeitalter undenkbar, am Löschenhofweg aber seit Jahren Alltag.

Denn Voss arbeitet im Normalberuf bei der Feuerwehr im Uerdinger Chemiepark und schiebt dort wie viele Kollegen seinen Schichtdienst. Aus diesem Grunde kann der in Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern geborene Zehnkampfspezialist Michael Schrader ab morgen auch nicht zum Lehrgang der Nationalmannschaft nach Hannover begleiten. Und beim Trainingslager zur Vorbereitung auf die WM (25. Oktober bis 8. November in Portugal) unter der Regie von Bundestrainer Claus Marek fehlt als einziger Heimtrainer allein der Bayer-Coach.

"Die Problematik um Torsten ist mir natürlich bekannt und höchst schwierig. Aber die Sache ist zunächst einmal eine interne Angelegenheit im Bayer-Konzern. Dort müsste entschieden werden, ob Voss seinen Job ruhen lassen könnte und für wie lange und ob das nicht zu Lasten seiner Kollegen geht. Das sind Überlegungen, in die ich mich nicht einzumischen habe”, sagt Marek und sieht Handlungsbedarf an anderer Stelle, "aber vielleicht kann man ja gemeinsam nach einer Lösung suchen."

Torsten Voss sieht natürlich die weitere optimale Entwicklung von Krefelds Olympia-Hoffnung für London 2012 in Gefahr. "Im Hinblick auf die nächsten vier Jahre mit zwei Welt-, einer Europameisterschaft und Olympia sowie noch mehr Training muss Michael einen Profitrainer haben.”

Unter Voss schaffte Schrader, als Shootingstar der Deutschen Zehnkampfszene, nicht nur den Sprung in die Weltelite, sondern erreichte einen vielbeachteten zehnten Platz bei den Olympischen Spielen in Peking. Vier Jahre zuvor hatte Voss bereits Dennis Leyckes erfolgreich betreut, der unter der Regie des ehemaligen Sportlers des Jahres der DDR und des Ex-Zehnkampf-Weltmeisters von 1987 den Sprung zu den Olympischen Spielen in Athen schaffte.

Auch Michael Schrader hofft auf eine einvernehmliche und schnelle Lösung. "Dieser Profitrainer kann nur Torsten Voss heißen. Wir mussten bereits viele Kompromisse schließen, weil Torsten oft kein arbeitsfrei bekommt. Außerdem hat er sogar extra seinen Urlaub geopfert, um mich betreuen zu können. Ich hoffe, dass die ganze Angelegenheit ein positives Ende findet." Ansonsten dürfte die Stadt Krefeld bald einen weiteren Topathleten verlieren.