Ludwig Mies van der Rohe - Architekt im Auftrag der Seidenindustrie
Christiane Lange unterstreicht in einem Vortrag die Bedeutung Mies van der Rohes.
Krefeld. Ludwig Mies van der Rohe ist allgegenwärtig. In keiner anderen Stadt hat der Berliner Avantgarde-Architekt mehr Projekte realisiert als in Krefeld. In einem Symposium im Krefelder Verseidag-Gebäude an der Girmesgath, ebenfalls von Mies van der Rohe entworfen, wurden zum 125. Geburtstag des Architekten internationale Forschungen präsentiert und diskutiert.
In einem Vortrag referierte Christiane Lange, Urenkelin des Seidenfabrikanten Hermann Lange, über Mies van der Rohe und die deutsche Seidenindustrie. Hermann Lange, eine zentrale Figur in der Seidenindustrie, Direktor der Verseidag und Sammler zeitgenössischer Kunst, wurde zum Förderer Mies van der Rohes.
Zwischen 1927 und 1938 erhielt der Architekt neun Planungsaufträge von Krefelder Firmen, Unternehmen und Instituten, die der deutschen Seidenindustrie angehörten. Drei davon hat er gemeinsam mit der Innenarchitektin Lilly Reich ausgeführt.
Nachdem Mies für die beiden Manager Josef Esters und Hermann Lange deren Wohnhäuser an der Wilhelmshofallee geplant hatte, erhielt er 1931 den Auftrag, für die Verseidag einen zweigeschossigen Produktions- und Verwaltungsbau zu entwerfen. Die Verseidag war zu dieser Zeit das wichtigste Unternehmen in der Seidenbranche.
Die Firmen zeigten sich seinerzeit gerne im Kleid des Bauhausstils, standen sie doch in Konkurrenz zu Frankreich, dessen Seide für die Moderne stand.
Christiane Lange betonte, dass der Verseidag-Bau kein Repräsentationshaus sei. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark beschädigt. Erst in den 70er Jahren wurde es wieder als Bürogebäude genutzt, allerdings war das ursprünglich von Mies geplante offene Raumkonzept wegen zahlreicher Einbauten nicht mehr erkennbar.
Mies stehe für die Werte vor der Machtergreifung durch die Nazis, so Christiane Lange. Der letzte Auftrag aus Krefeld kam von der Verseidag. Mies sollte Pläne für das Hauptverwaltungsgebäude entwerfen. Die Pläne von 1938 wurden wegen des Kriegs nie realisiert.
Die virtuellen Rekonstruktionen zeigen jedoch, wie innovativ die Entwürfe des Architekten waren. Unrealisiert blieben auch die Pläne für einen Golfclub in Traar (1930) und für ein Privathaus (1935), das Hermann Langes Sohn Ulrich in Auftrag gab. Sämtliche in Krefeld errichteten Gebäude sind noch erhalten und in gutem Zustand. dsk