Organspende: Leben retten — auch nach dem eigenen Tod
Die meisten Menschen stehen dem Thema positiv gegenüber — aber erst 25 Prozent der Bevölkerung haben den Ausweis.
Krefeld. Drei Viertel der Deutschen wären damit einverstanden, nach ihrem Tod zum Organ- oder Gewebespender zu werden. So das Ergebnis einer Repräsentativumfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem Jahr 2010. Demnach ist die Spendenbereitschaft in den vergangenen Jahren um sieben Prozent gestiegen. Eine Erfahrung, die auch Professor Roland Besser vom Helios-Klinikum gemacht hat. „Das Thema ist heute viel bekannter“, sagt der Direktor der Neurologischen Klinik, der auch die Funktion des Transplantationsbeauftragten innehat.
Zwar haben 75 Prozent der Befragten nichts dagegen, Organe zu spenden, jedoch haben nur 25 Prozent einen Organspendeausweis, so die Umfrage. Dabei ist es recht einfach, an einen Ausweis zu kommen. Möglichkeiten gibt es verschiedene. Man kann ihn etwa im Internet bestellen.
Dort ist es auch möglich, sich den Ausweis direkt auszudrucken und anschließend selbst auszufüllen (siehe Kasten). Er ist aber auch in Arztpraxen oder Apotheken erhältlich. Wer möchte, kann aber auch auf einem Zettel seinen Wunsch zum Ausdruck bringen. Wichtig ist es auf jeden Fall, dass man den Organspendeausweis oder den Zettel immer bei sich trägt, etwa im Portemonnaie.
Noch viel wichtiger ist es, dass man über das Thema spricht, sagt Professor Besser. „Die Angehörigen müssen wissen, was der Verstorbene will.“ Denn sollte der Organspendeausweis nicht gefunden werden, nützt die schriftliche Willensbekundung des Verstorbenen wenig. Dann entscheiden die Hinterbliebenen. „Auch ohne Organspendeausweis kann gespendet werden, wenn die Angehörigen deutlich machen, dass das im Sinne des Verstorbenen ist“, sagt Besser. „Das ist die entscheidende Erkenntnis der vergangenen Jahre, man muss das Problem thematisieren.“
Je mehr Gedanken man sich darüber macht, was mit einem nach dem Hirntod geschehen soll, und diese Gedanken dann auch mit seinen Angehörigen teilt, umso einfacher haben es diese, eine Entscheidung zu treffen. „Wer nie darüber mit seinen Angehörigen geredet hat, muss über eine Organspende entscheiden, ohne die Gewissheit zu haben, ob das im Interesse des Verstorbenen gewesen wäre“, sagt der Transplantationsbeauftragte des Helios-Klinikums. Dies sei häufig das Schwierigste für die Hinterbliebenen eines hirntoten Patienten.
Dr. Martin Dichgans, Oberarzt in der Kardiologie des Krefelder Maria-Hilf-Krankenhauses, macht auf der Intensivstation der Klinik ähnliche Erfahrungen. „Meistens hatten die Patienten, die für eine Organspende in Frage kommen, einen plötzlichen Tod“, sagt er. In dieser sehr emotionalen Situation sei das Gespräch, ob der Verstorbene einer Organspende positiv gegenübergestanden habe, für die Hinterbliebenen sehr schwierig. „Deswegen ist es nicht schlecht, einen Organspendeausweis zu haben. Es ist eine Entlastung für die Angehörigen“, sagt Dichgans.
Er selbst ist auch im Besitz eines solchen Ausweises und möchte auch zu dessen Verbreitung beitragen. Im Maria-Hilf-Krankenhaus hat er gerade einen Aufruf unter den Beschäftigten gestartet, dass bei ihm in der Abteilung Organspendeausweise erhältlich sind. „Wir haben Patienten, die Organe brauchen, und wir als kleines Haus möchten einen Beitrag dazu leisten, dass diese Menschen Organe erhalten“, sagt Dichgans.