Restaurierung 700 Puschel zieren Sitzgruppe

Das Stück aus dem 19. Jahrhundert wird den Besuchern ab sofort restauriert präsentiert.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Sie sehen einladend aus, aber leider darf man auf den Polstermöbeln nicht Platz nehmen. Von Grund auf restauriert steht die schmucke Sitzgruppe im Schwarzen Zimmer im Linner Jagdschloss. „Wir haben wieder einen kleinen Schritt geschafft“, sagt Christoph Dautermann, stellvertretender Leiter des Museums Burg Linn.

Die Museumsleitung hat sich die Restaurierung des Jagdschlossinventars auf ihre Agenda geschrieben. Seit Jahren wird das Inventar wieder aufgemöbelt. Nach den Ölbildern kamen die Polstermöbel an die Reihe. Die Sitzgruppe aus der Zeit des Historismus ist das jüngste Projekt. „Um 1880/1890 war eine solche Sitzgruppe typisch für einen bürgerlichen Haushalt“, erklärt Dautermann. „Bei der Herstellung orientierte man sich an dem Stil der Neorenaissance.“ Möbel dieser Art waren die Industrieprodukte der damaligen Zeit und wurden in großer Stückzahl hergestellt.

Die Sitzgruppe im Jagdschloss wurde vermutlich vor oder nach dem 2. Weltkrieg gestiftet. „Es gibt keinerlei Hinweise auf die Herkunft“, sagt Dautermann. „Aber die Möbel sind wohl nicht in Krefeld hergestellt worden.“ Ohne Spenden wäre eine stilechte Restaurierung nicht möglich. Ein Drittel der Kosten übernahm eine private Spenderin, die anonym bleiben möchte. Der Museumsverein trug die handwerklichen Kosten der Restaurierung und Gisbert Rentmeister spendete den teuren Möbelstoff.

Rentmeister hat das Weben im Blut. Er führt in dritter Generation eine Manufaktur für exklusive Stoffe, Krefelds ältestes Atelier für Jacquard-Dessins. „Mein Großvater hat es 1897 gegründet“, sagt Rentmeister.

Die Sitzgruppe wurde in den 70er Jahren schon einmal restauriert. Allerdings nicht ganz vorschriftsmäßig, wie es Heide Gerritzen, Vorsitzende der Freunde der Museen Burg Linn, vorsichtig ausdrückt. Als Polsterung diente Schaumstoff, ein unpassendes Moosgrün stach als Farbe hervor. „Im Laufe der Zeit wurde daraus goldgelb“, sagt Gisbert Rentmeister und rümpft die Nase. Er hat nun für die vier Stühle, zwei Sessel und das Sofa ein edles Bordeaux gewählt. Der aufwendig gemusterte Stoff ist reine Wollqualität.

Auf das Muster stieß Gisbert Rentmeister im eigenen Archiv. „Mein Großvater hatte es auf den 23. Dezember 1936 datiert“, berichtet er. 15 laufende Meter des schweren Stoffs kamen in die Hände des Raumausstatters Gerd Brunner. An die 70 Stunden Handarbeit hat er in die Restaurierung der Sitzgruppe investiert.

Das schwarz gebeizte Nussbaumholz hat Brunner mit Petersburger Schellack aufpoliert. 700 „Puschel“ zieren die Rückenlehnen, Brunner hat sie alle mit der Hand gedreht. Die Borte ließ er in Düsseldorf bei „Bruno Borrmann Posamenten“ anfertigen, einer von drei Betrieben in ganz Deutschland, die das künstlerische Handwerk des Posamentierens, also die Herstellung von Bordüren, Borten, Kordeln und Quasten, noch ausüben.