WZ-Bus: "Ein Stück Fischeln stirbt"

Um die Schließung von Böhms Bierhaus gab es eine rege Diskussion.

Fischeln. 15 Kneipen haben in den vergangenen 25 Jahren in Fischeln geschlossen. Viele der Besucher am WZ-Bus auf dem Marienplatz stammen aus dem Stadtteil und wussten so Einiges zu berichten. Wenn Böhms Bierhaus Ende diesen Monats schließen wird, bleiben für die Fischelner im Ortskern noch fünf Gaststätten übrig.

"Es ist eine große Sauerei, was der Eigentümer mit der Familie Böhm macht. Ich bin hier zwei Jahre lang sehr gerne hingegangen, weil es gemütlich war. Die Schließung ist ein großer Verlust", sagt Werner Becker. Der Marienplatz hätte großes Potenzial, zu einem schönen Zentrum von Fischeln zu werden. "Leider verhindern dies einige wenige prozessfreudige Anwohner", kritisiert Becker. Dieser Meinung waren mehrere Besucher des WZ-Busses.

Wolfgang Furth erinnert sich gerne an frühere Jahre. "Damals standen wir in Dreierreihen vor der Theke. Und das galt für jede Kneipe." Als er damals mit den Schützen Kneipenrundgänge gemacht und überall zwei Bier getrunken habe, sei man am Abend gut gefüllt gewesen. "Heute ist so ein Rundgang in zwei Stunden erledigt." Wenn alle Gaststätten weg sind, werde das Gejammer groß sein. "So ein Angebot wieder zurückzuholen, dauert Jahrzehnte", meint Furth.

Die vielen Auflagen, die bei einem Pächterwechsel erledigt werden müssen, kritisiert Herbert Maich. "Die Kosten für Brandschutz, Toiletten oder Belüftung kann heutzutage keiner mehr reinholen." Daher sei es kein Wunder, dass viele verkaufswillige Gaststätteneigentümer keinen Nachfolger finden.

"Man weiß gar nicht mehr, wo man heutzutage hingehen soll, wenn man sich in Fischeln in einen gemütlichen Biergarten setzen will", meint Helga Geraedts.

Josef Mayer, der viele Jahre im Außendienst für Brauereien gearbeitet hat, kritisiert, dass einige Wirte Fehler beim Umgang mit den Gästen machen und daher selber Schuld an den Besucherrückgängen hätten. "Einige haben vergessen, dass eine Gaststätte ein Serviceunternehmen ist. Sie vergessen einen guten Umgang mit den Kunden."

Außerdem sei das Angebot verbesserungswürdig. "Nur Bier und kleine Speisen reichen heutzutage nicht. Das Kneipensterben wird deshalb weiter gehen, nicht nur in Fischeln." Josef Celter, der seit 35 Jahren in Fischeln lebt, ergänzt: "Es sind nicht nur die Fischelner und sonstige Krisen schuld. DerBetreiber sollte sich auch an die eigene Nase fassen."

Der Rückbau der Kölner Straße bietet nach Ansicht von Klaus-Peter Bünte Chancen. "Wenn man dort Platz für Außengastronomie schafft, würde das Fischeln bereichern. Keinerlei Alternativen zum Bierhaus sehen dagegen Gabi und Herbert Puschkeit: "Wir werden in Zukunft wohl viele unserer Bekannten höchstens noch in der Schlange beim Einkaufen treffen. Wenn Böhms schließt, stirbt ein Stück von Fischeln."

Die beiden sind traurig, dass es Ende des Monats nur noch fünf Kneipen, zwei Pizzerien und einige Bäcker mit Cafés geben wird. Die einzigen Veranstaltungen auf dem Marienplatz seien in Zukunft die Kirmes, die zweimal im Jahr stattfindet, und der wöchentliche Markt.

"Bei Böhms Bierhaus hat das Preis-Leistungs-Verhältnis und das Ambiente gestimmt", sagt Margret Korfmacher. Die Bedienung habe sie stets als freundlich empfunden. Schlechte Erfahrungen mit der Familie Böhm hat hingegen Friedrich Naumann gemacht. Als der körperbehinderte Fischelner einmal sein Auto vor der Einfahrt des Biergartens am Marienplatz geparkt habe, um Einkäufe zu tätigen, habe ihn Günter Böhm beschimpft. "Es gibt freundlichere Gastwirte in Fischeln, zum Beispiel im El Mulino", meint Naumann.

"Der Bierkonsum pro Kopf ist in 2008 von 147 auf 112 Liter zurückgegangen. Bei Preisen zu 1,30 Euro im Schnitt auch verständlich. Hier ist der Wirt gefragt. Eine schöne Einrichtung allein ist nicht ausrchend. Da hilft es auch nicht mehr, die Besucher am WZ-Bus so kurz vor der Schließung mit Getränken zu versorgen" - das ist die Meinung von Achim Beckers.

"Es wird viel geredet", kommentiert Wirt Günter Böhm, der ebenfalls mit seiner ganzen Familie zum WZ-Bus kam. Das gelte auch für Gerüchte, er habe Probleme mit einigen Gästen gehabt. Böhm führte das Bierhaus am Marienplatz zwei Jahre lang, den "Vorgänger" am Bahnhof gab es 14 Jahre lang. Wie es mit seinem Haus nun weitergeht, weiß Böhm nicht.

Der jetzige Eigentümer habe aber durchblicken lassen, dass es keine neue Kneipe geben solle. Böhm selbst will sich nun einen neuen Job in der Gastronomie suchen, sich aber nicht wieder selbstständig machen. In Fischeln will seine Familie auf jeden Fall bleiben und hat mittlerweile auch eine Wohnung gefunden. "Schade", sagt Moritz Böhm (25), der das Bierhaus von seinem Vater übernehmen wollte. "Ich hätte es gern weitergemacht." Am Samstag steht er bei der "Last Order-Party" noch einmal am Tresen. Danach will er als Schreinerarbeiten - die Ausbildung hat er fast abgeschlossen.