Bildung Die Probleme der Sprachförderung

Bockum · Eine Fachtagung beschäftigte sich mit den Bedürfnissen der Schüler, die Deutsch als Zweitsprache lernen

Die schulische Integration von Flüchtlingskindern war Thema einer Fachtagung in Krefeld.

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„Hm? Ich verstehe ja nichts!“ Dieser Gedanke dürfte vielen Gästen im Berufskolleg Glockenspitz sofort durch den Kopf gegangen sein. Es müssen freundliche Worte gewesen sein, konnte man annehmen. Sengül Safarpour-Malekabad, Abteilungsleiterin Integration des Kommunalen Integrationszentrums und ihre Mitarbeiterin Maria Luque Ramirez begrüßten nämlich in ihren Muttersprachen die Anwesenden.

113 Personen, Lehrkräfte verschiedener Schulformen und allgemein Interessierte, hatten an dem Morgen den Weg nach Krefeld zur neunten Fachtagung DaZ gefunden. Hinter dem Kürzel DaZ verbirgt sich das Schulfach Deutsch als Zweitsprache, das speziell für geflüchtete und neu zugewanderte Kinder und Jugendliche im Rahmen einer Erstförderung per Erlass auch in NRW etabliert wurde.

Wie viel mehr als „gewöhnlicher“ Sprachunterricht damit verbunden ist, stellte Dagmar Schrader von der Schulaufsicht der Stadt Krefeld in ihrem Grußwort heraus. Sie drückte den Anwesenden ihre Anerkennung, Wertschätzung aus sowie den Dank für ihre Einsatzbereitschaft inklusive der fachlichen Voraussetzungen und persönlichen Haltung, sich für diese Aufgabe zu engagieren. Dazu gehöre die Entwicklung des persönlichen und beruflichen Potenzials sowie die Grundlagen zu schaffen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Für den ersten Impulsvortrag mit dem Thema „Sprachliche Vielfalt im schulischen Kontexte“ konnte das Organisationsteam um Luque Ramirez die Sprachforscherin und Seniorprofessorin der Universität Mannheim Rosemarie Tracy gewinnen. Am Beispiel einer einfachen Textaufgabe, in der nach der Zahl von Passagieren am Ende einer Zugfahrt gefragt wurde, machte sie deutlich, dass sprachliche Vielfalt bei der Verwendung unterschiedlicher Bezeichnungen, wie Fahrgast, Passagier, Menschen, wie sie jede Lehrkraft schätzen und als Ideal sehen würde, hier zum Hindernis für die Lösung der Aufgabe wird.

Bei der Frage, ob Mehrsprachigkeit ein Ausnahmezustand sei und eine Überforderung bedeute, sagte sie eindeutig: „Nein!“ und fuhr fort: „Spracherwerb braucht Zeit und Intensität sowie zusätzlich ein regelmäßiges und komplexes wie kontrastreiches Angebot. Förderung ist kein Projekt, es braucht eine durchgängige Förderung.“

Ein – wenn nicht sogar das – Kernproblem des DaZ-Unterrichts rückte Kevin Niehaus im Workshop zur Sprachbildung im Kontext von Mehrsprachigkeit in den Fokus. In der aktuellen Praxis in NRW kommen die Kinder und Jugendlichen nach zwei Jahren Förderung durch die auf ihre Bedürfnisse ausgerichteten DaZ-Stunden in den Regelunterricht. Niehaus wies auf Studien hin, die belegen, dass fünf Jahre und mehr nötig seien, um diese Kinder mit der Bildungssprache ihres neuen Heimatlandes vertraut zu machen. Diese Zeit dürfte sich verlängern, wenn im Elternhaus Deutsch noch nicht einmal als Alltagssprache verwendet wird. Ein Wortschatz und der Umgang mit der Bildungssprache – nicht nur dem Deutschen, beispielsweise auch Schulfächern wie Gesellschaftswissenschaft oder den naturwissenschaftlichen Fächern – kann somit kaum außerhalb der Schule entwickelt und eingeübt werden.