Geismühle: Zehn Mühlenspechte wollen Müller werden
Das Gemäuer sanieren ist das eine. Die Windflügel in Gang setzen und abbremsen muss gelernt werden. Mühlen-Professor Martie te Brake zeigt den Mitgliedern, wie es geht.
Krefeld. Das Wetter ist wie bestellt. "Wir haben vier bis fünf Windstärken", sagen die Mühlenspechte und halten die Nase in die Luft. "Wir zählen 65 Flügel pro Minute. Das heißt: 65 Mal passiert ein Flügel in 60 Sekunden den Boden. Unter drei Windstärken brauchen wir gar nicht anzufangen", haben die Mitglieder des Mühlenbauvereins gelernt.
Die Begeisterung steht ihnen ins Gesicht geschrieben, wenn sie von ihrer neuen Tätigkeit berichten: Zehn gestandene Männer - vom Ingenieur bis zum Handwerkermeister - lernen einen zweiten Beruf und treiben ihr Hobby im wahrsten Sinne des Wortes auf die Spitze: Sie steigen auf elfeinhalb Meter lange Windmühlenflügel, denn sie wollen Müller werden. Die Geismühle zu sanieren ist eine Sache. Sie zu betreiben eine andere. Seit Oktober 2006 lernen sie wie der Wind geprüft, die Lager geschmiert, die Segel gesetzt werden, damit sich die Flügel drehen und die Mühlsteine bald Korn zu Mehl mahlen.
"Der Funke sprang sofort über", sagen die Mühlenspechte Reinhard Klausmann und Helmut Späth. Ihr Lehrer Martie te Brake ist voll des Lobes: "Die Männer sind sehr lernbegierig, voller Leidenschaft und Enthusiasmus für die Mühle. Sie müssen unterrichtet werden, bis jeder Griff automatisiert ist. Sie sind schlau. Denn sie haben angefangen zu lernen, als sie mit dem Mühlenbau noch zu Gange waren. Im März sind sie fertig."
Die Sanierung des alten Gemäuers begann fast auf den Tag genau vor zwei Jahren. Zweimal im Monat fuhren die werdenden Müller bis zur Inbetriebnahme "ihrer" Geismühle im vergangenen Sommer nach Linteloh und Bredefort in Holland oder nach Oberhausen, um an den dortigen Mühlen zu üben. Mit dem Niederländer Martie te Brake ist ein wahrer Mühlen-Professor gefunden worden, dessen Fachwissen in aller Welt gefragt ist. Er klettert mit Klompen in die Flügel.
"Drei Monate haben wir gebraucht, um zu lernen, wie die Voll- und Halbsegel richtig in den Wind gesetzt werden", berichten die Oppumer. "Fast noch wichtiger ist das Abbremsen", sagen die Müller-Lehrlinge. Beim falschen Halt würden die hölzernen Zähne der Zahnräder abbrechen. "Dann könnten wir mit der Sanierung von vorn beginnen." Auch beim Schmieren kann man viel falsch machen. "Die Lager werden mit Schweineflomen eingerieben", erklärt Hanenberg. Der fette Speck hängt zum Trocknen in einem Fenster unter der Haube. "Die Königswelle bekommt Rizinusöl und die hölzernen Zähne erhalten Bienenwachs."
Die Männer kennen die Fachausdrücke und jeden Handgriff. Ein Kapitel ist der Wetterkunde gewidmet. "Das Wetter der nächsten Stunden müssen wir erkennen, um richtig reagieren zu können." Wer die Flügel einmal aus der Nähe in Aktion gesehen hat, weiß, welche mächtige Kraft von ihnen ausgeht.