Besuch in der „Sockenburg“
Der Denkmalpfleger Gerhard Hanisch hat eine Gruppe der Volkshochschule zu den Bockumer Herrenhäusern geführt.
Bockum. Der Blick vom Zimmerchen im Turm des Hauses bleibt in den Wipfeln der Parkbäume hängen. Im Westen erwischt er die obersten Stockwerke des Hochhauses am Bleichpfad. Als der Textilfabrikant Karl Hügel Haus Schönhausen 1868 bauen ließ, konnte er vom Campanile des italienisch anmutenden Herrenhauses noch weit in die niederrheinische Landschaft schauen.
Jetzt will die Stadt das Kleinod, das ihr 1934 zufiel, verkaufen. Damals war Max Gompertz Eigentümer. Er kam 1942 im Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben. Im Schönhausenpark hat Gerhard Hanisch von der städtischen Denkmalpflege einen seiner Spaziergänge mit Gruppen der Volkshochschule gestartet, der zu Herrenhäusern in Bockum führt: Schönhausen, Sollbrüggen, Burchartzhof und Neuenhofen.
Während er im Haupthaus Sollbrüggen auf die restaurierten Wand- und Deckenmalereien hinweisen kann, schauen die Besucher im Haus Schönhausen nur gegen Akustikdecken, die vor Jahrzehnten eingezogen wurden, als die Musikschule in die Villa einzog.
Vom Kammermusiksaal weiß Hanisch genau, dass über der gelochten Hartfaserdecke feinster Stuck den Raum ziert. Ein Spinett und das große Gemälde "Sommergarten" von Gaston la Touche von 1902 erinnern an bessere Zeiten. Von den anderen Raumdecken nimmt Hanisch an, dass dort Stuck zu sehen ist. Nach oben führt ein breites Eichenholz-Treppenhaus, aus später lackiertem Holz besteht auch die Wandverkleidung.
Zusammen mit dem Haupthaus ließ Karl Hügel am westlichen Rand des Parks aus dunklen Ziegeln Wirtschaftsgebäude errichten, die jetzt ebenfalls zum Verkauf stehen. Im Haupthaus ließ er sich einen Gewölbekeller mit ebenerdigem Zugang bauen, der ihm einen Weinhandel ermöglichte.
Das Haus erhielt bald den Namen "Sockenburg", da Hügel Unmengen Sockenpaare für die Soldaten im deutsch-französischen Krieg 1870/71 herstellte. In den vergangen Tagen haben knapp zwei Dutzend Interessenten Haus, Wirtschaftsgebäude und Park besucht, die allesamt unter Denkmalschutz stehen.
Deshalb fordert die Stadt auch neben einem Geldangebot ein schlüssiges Nutzungskonzept, das dem Haus gerecht wird. Verkauft werden soll es, um Neu- und Umbauten für die Musikschule auf der Sollbrüggen-Insel zu finanzieren, wo Peter de Greiff sein herrschaftliches Haus 1840 errichten ließ.
Am Haus Neuenhofen erfährt die Gruppe - von Hanisch wie immer mit Kopien historischer Bilder und Pläne versorgt -, dass hier lange die Krefelder Jugendherberge untergebracht war. Zuvor hatten die Teilnehmer jedoch die seltene Gelegenheit, im Burchartzhof neben der Gertrudiskirche, dessen Kern schon 1424 in eine Stiftung kam, den Dachstuhl zu besichtigen.