Franz Filtmann ist einer von 16 Baumpflegern beim Kommunalbetrieb. Seine Mission: Bäume retten, ehe es zu spät ist „Viele Bäume sind krank“

Serie · Franz Filtmann ist einer von 16 Baumpflegern beim Kommunalbetrieb. Seine Mission: Bäume retten, ehe es zu spät ist.

 Franz Filtmann hat auf seinen Rundgängen, hier im Schönwasserpark, stets Tablet, Hammer, Fernglas, Sondier-Stab und Splint-Messer dabei, um den Gesundheitszustand der Bäume überprüfen zu können.

Franz Filtmann hat auf seinen Rundgängen, hier im Schönwasserpark, stets Tablet, Hammer, Fernglas, Sondier-Stab und Splint-Messer dabei, um den Gesundheitszustand der Bäume überprüfen zu können.

Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

Ein guter Baumpfleger braucht neben aufmerksamen Augen folgende Dinge: ein Fernglas, einen kleinen Hammer, ein Splint-Messer, einen Sondier-Stab und das Tablet. All dies führen Franz Filtmann und weitere 15 Kollegen, die in der Straßenbaumpflege tätig sind, stets mit sich. Wie wichtig die Leute für die Gehölze sind, wird bei der Aussage des Chefs klar: „Es ist erschreckend, wie viele Bäume jetzt schon erkennbar krank sind.“ Und: „Es muss viel mehr gemacht werden.“

Filtmann ist Fachgebietsleiter im Bereich Straßenbaumpflege und hütet mit seinen Kollegen die 27 000 Straßenbäume im Stadtgebiet, hat aber auch einen Blick aufs Gehölz in Parks und Grünanlagen. „Unsere Arbeit umfasst nicht nur Kontrolle und Pflege, sondern beginnt bereits bei der Auswahl der Bäume, die neu gepflanzt werden. In Zeiten der Klima-Veränderung suchen wir in den Baumschulen Gehölze, die mit Hitze, Trockenheit, starker Sonneneinstrahlung und Frost klarkommen.“ Dazu gehören Bäume aus fernen, südöstlichen Ländern, wie die Chinesische Buche oder der Zürgelbaum, der beispielsweise an der Ottostraße steht. Es gilt, möglichst viele verschiedene Pflanzen zu setzen. Nach dem Einsetzen brauchen die jungen Bäume regelmäßig Wasser. „Da passen wir genau auf. Denn nur so können sie gut anwachsen.“

Jungbäume müssen außerdem bis zu zehn Jahre „erzogen“ werden; beispielsweise müssen sie richtig geschnitten werden, damit sie nicht kopflastig werden. „Wenn alles in Ordnung ist, können wir sie ab einem Alter von 30 Jahren sich selbst überlassen“, sagt der Fachmann, der beim Rundgang stets den Kopf im Nacken hält und in die Kronen guckt. „Ich kann nicht anders“, sagt er.

Birken, Buchen und Kastanien gehören zu den Klima-Verlierern. Die Hitze fördert ihre Krankheiten. Manchmal können die Baumpfleger mit Sonnenbrand-Schutz, wie ihn auch die Menschen auftragen, helfen. Nur heißt er hier Farbe, ist weiß, reflektiert das Sonnenlicht und wird mit dem Pinsel großflächig an der der Sonne zugewandten Seite aufgetragen. Den Schutzanstrich kann jeder gut erkennen. „Omas Kalk ist out.“

Die Fachleute erkennen schnell erste Anzeichen für einen Sonnenbrand, der zur gefürchteten Buchenkomplex-Erkrankung führen kann. Hinweise sind ein übermäßiger Fruchtbehang, mit der der sterbende Baum seine Art erhalten will, oder an Blättern mit hellen Stellen. Filtmann: „Sie verfärben sich je nach Intensität beige bis braun. Bei einem starken Sonnenbrand vertrocknen die Blätter – ein eindeutiges Zeichen fürs Problem.“ Wenn sie abgefallen sind, ist das Blätterdach nicht mehr geschlossen, Zweige und Stamm sind der Sonne ungeschützt ausgeliefert. „Wenn die Sonne die Temperatur unter der Rinde über längere Zeit oberhalb 45 Grad Celsius erhöht, gerinnt das Eiweiß und der Haushalt der Bäume funktioniert nicht mehr richtig. Die Leitungsbahnen für Wasser und Nährstoffe sind geschädigt. Das beeinträchtigt das Dickenwachstum der Rinde. Sie wird zu heiß und platzt auf. Das setzt der Pflanze schwer zu. Die Schädlinge wie Pilze und Käfer haben dafür dann ,freien Zugang‘“.

Doch zurück zu den Hilfsmitteln der Baumpfleger. „Mit dem Fernglas betrachten wir den Baum ganz genau von allen Seiten, von unten bis oben. Mit dem Hammer klopfen wir den Stamm ab. Er muss fest und darf nicht hohl klingen. Hohl bedeutet Arbeit. Ist dies der Fall, öffnen wir mit dem Splintmesser ein wenig der losen Rinde. Sind Öffnungen im Stamm, sondieren wir Fäule und Risse in ihrer Länge mit dem dünnen Stab. Bei Erkrankungen wird dann abgewogen, wie der Baum gerettet werden kann, meistens durch Fremdfirmen.“ Insgesamt wird so die Stand- und Bruchsicherheit des Baums festgestellt. Die Ergebnisse werden im Tablet festgehalten.

Ein Problem in der Baumpflege beschreibt der Fachmann so: „Oftmals sind die Schäden, die ein Baum aktuell erfährt, erst in zehn bis 20 Jahren erkennbar, wenn nichts mehr zu machen ist.“ Filtmann erinnert sich an die alte Blutbuche im Greiffenhorstpark, mit ihrem Stammdurchmesser von rund fünf Metern. Deren Standsicherheit war nicht mehr gewährleistet. „Sie wurde an mehreren Stellen verseilt, konnte aber nicht mehr gerettet werden. Sie wurde in sich immer kleiner.“