Jobwahl: "Zu viele konzentrieren sich noch auf die Top-Ten-Berufe"
WZ-Interview mit Peter Ewert, Leiter der Arbeitsagentur Krefeld, zur aktuellen Lehrstellen-Situation.
<strong>Krefeld. Stand 24. Mai: Wie viele Ausbildungsplätze gibt es zurzeit, wie viele Suchende stehen dem gegenüber? Wie ist das im Vergleich zum Vorjahr?
Ewert: Von Oktober 2006 bis April 2007 wurden uns für Krefeld und Willich 1726 Ausbildungsstellen gemeldet. Das sind 87 Stellen weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig haben sich aber auch 90 Bewerber weniger gemeldet. Insgesamt waren es seit Oktober 1710. Unterm Strich ist das für Krefeld kein schlechtes Ergebnis. Rein rechnerisch gibt es für jeden Jugendlichen eine Stelle. Allerdings darf man den Ausbildungsmarkt nicht so isolieren. Das Bild ändert sich, wenn man den ganzen Agenturbezirk betrachtet, dann wird deutlich, dass Ausbildungsstellen fehlen. Hier kommen auf 100 Bewerber nur 88 Lehrstellen.
Was sind eigentlich die "Top-Ten-Berufe"? Was sind die Nischen-Berufe?
Ewert: Die beliebtesten Ausbildungsberufe sind bei Jungen und Mädchen seit Jahren die gleichen. Sie variieren nur in der Rangfolge. Bei den Jungen sind es zum Beispiel der Kfz-Mechatroniker, der Tischler und verschiedene Büroberufe, bei den Mädchen die Friseurin, die Verkäuferin und die sozialen Berufe. Viele Bewerber könnten ihre Chancen erheblich erhöhen, wenn sie stärker über den Tellerrand blicken würden. Es gibt rund 350 Ausbildungsberufe, trotzdem konzentriert sich nahezu die Hälfte aller Jugendlichen auf die "Top-Ten-Berufe". Am "Tag des Ausbildungsplatzes" am 21. Mai haben wir deshalb gezielt für Berufe geworben, die wenig bekannt oder weniger nachgefragt sind. Gute Chancen gibt es beispielsweise im Lebensmittelhandwerk. Beim Beruf des Fleischers und der Fachverkäuferin in einer Fleischerei oder Bäckerei können sich die Jugendlichen die Lehrstellen aussuchen. Wenig bekannte Ausbildungsberufe wie z. B. Kaufleute für Dialogmarketing, Fachkraft für Systemgastronomie oder Gießereimechaniker bieten auch gute Chancen.
Wie können Sie den Suchenden helfen? An wen können sie sich konkret wenden?
Ewert: Erste Infos gibt es natürlich im Berufsinformationszentrum (BIZ) in der Agentur an der Philadelphiastraße. Dort kann man sich jeden Tag ohne Voranmeldung umfassend selbst informieren. Für ein persönliches Gespräch bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit sollte man sich telefonisch anmelden unter der Rufnummer 01801/555111.
An wen wenden Arbeitgeber sich, wenn sie Ausbildungsplätze anbieten wollen?
Ewert: An unseren Arbeitgeberservice. Sie erreichen uns unter der Rufnummer 01801/664466.
Haben Sie schon Rückmeldungen zum Tag der Ausbildung?
Ewert: Der "Tag des Ausbildungsplatzes" war für Krefeld sehr erfolgreich. 50 Mitarbeiter der Agentur und der Argen Krefeld und Viersen haben am Montag insgesamt 551 Betriebe besucht. Dabei konnten wir über 140 zusätzliche Ausbildungsstellen gewinnen. Damit liegen wir deutlich über dem Ergebnis vom Vorjahr, im Mai 2006 gab es 108 zusätzliche Stellen.
Wie wird die Lage zum August/September sein? Ist die Lage jetzt schon kritisch?
Ewert: Die Lage ist derzeit angespannt. Wir haben in diesem Jahr die höchste Zahl der Schulabgänger zu erwarten, erst 2013 werden die Zahlen deutlich sinken. Deshalb dürfen wir und unsere Partner nicht in unseren Bemühungen nachlassen. Es ist wichtig, dass sich der konjunkturelle Aufschwung auch am Ausbildungsmarkt niederschlägt. Der Wirtschaft muss klar sein: Nur wer heute ausbildet, hat die Fachkräfte von morgen. Insgesamt bin ich aber zuversichtlich, dass wir am Ende des Jahres, wenn wir weiterhin an einem Strang ziehen, allen, die wollen, eine Ausbildungsmöglichkeit anbieten können.