Die „Hauptstadt des Kindes“ hat Zoff mit ihren Tagesmüttern
Der Streit zwischen Stadt und Betreuerinnen um Bezahlung und einen Vertrag beschäftigt in Monheim Juristen. Jetzt rudert die Stadt zurück.
Monheim. Die Stadt Monheim rühmt sich damit, viel für Kinder zu tun. Sie nennt sich „Hauptstadt des Kindes“. Nachprüfen kann dies schließlich niemand. Keine andere Stadt im Kreis Mettmann wirbt damit so offensiv um den Zuzug von Familien.
Doch Bärbel Hölzer kann über diese Kampagne nur müde lächeln. Die gelernte Erzieherin arbeitet seit 18 Jahren in der Kinderbetreuung in Monheim. 2008 hat sie sich als Tagesmutter selbstständig gemacht. Als solche fühlt sie sich von der Stadt schikaniert und unter Druck gesetzt — wie andere Tagesmütter auch.
Den Ärger ausgelöst haben Verträge, die die Betreuerinnen mit der Stadt abschließen sollten. An Heiligabend 2011 erhielten alle Tagesmütter die Unterlagen. Hölzer unterzeichnete aber nicht. Weitere Tagesmütter schlossen sich dem Widerstand an. „Wir finden die Zuschussregelung einfach ungerecht“, nennt Hölzer einen Grund für ihre Ablehnung des Vertrags.
Tagesmütter erhalten von der Stadt vier Euro pro Kind und Stunde. „Bisher durften wir dann noch einen Beitrag von den Eltern verlangen. Dessen Höhe ist Verhandlungssache. Nun aber sollen wir laut Vertrag nur noch maximal 50 Cent nehmen dürfen“, sagt die Tagesmutter. Verstehen könne sie das nicht. „Immerhin ist es in anderen Städten üblich, dass Tagesmütter von den Eltern noch einen Beitrag erheben, der deutlich über 50 Cent liegt.“
Doch nicht nur die Zuschussregelungen im neuen Vertrag machen sie zornig. „Das Jugendamt hat uns gedroht und gesagt, sie würden uns allen die Pflegeerlaubnis entziehen, würden wir das nicht unterschreiben.“
Das ist bis jetzt nicht geschehen. „Aber nur, weil ich den Landrat angeschrieben habe, der dann der Stadt Druck gemacht hat“, sagt Hölzer. Außerdem habe sie sich eine Anwältin genommen. „Und diese sagt deutlich: Die Verträge sind rechtswidrig. Auch der Deutsche Kindertagespflegeverein hat das bestätigt.“
Und in der Tat geht aus dem Schreiben, das der WZ vorliegt, hervor, dass die Stadt Monheim die Pflegeerlaubnis nicht entziehen kann, nur weil keine Unterschriften unter den Verträgen stehen.
Bärbel Hölzer und den anderen Tagesmüttern hilft das wenig. „Die Stadt schöpft alle Möglichkeiten aus. Jetzt werden Kinder schon nicht mehr an uns vermittelt. Manche Tagesmutter wird aufhören müssen, weil sie nicht genügend Kinder zur Betreuung bekommt.“
Der Zwist zwischen Tagesmüttern und Stadt Monheim habe bereits im Januar 2011 begonnen, erzählt Hölzer. „Damals beklagte eine Tagesmutter, dass die Stadt nicht den Anteil ihrer Alterssicherung gezahlt hatte, die sie eigentlich hätte zahlen müssen. Und das gilt für die Jahre 2009 bis 2011.“
19 Prozent des Bruttoeinkommens einer Tagesmutter müssen nach Aussage Hölzers in die Rentenkasse eingezahlt werden. Diesen Betrag teilen sich je zur Hälfte Stadt und Tagesmutter. Die Stadt soll den Anteil aber nicht einkommensabhängig bezahlt haben, sondern einfach einen Pauschalbetrag von 39 Euro. „Und das ist ganz klar gesetzeswidrig.“
Hölzer will nun gehört haben, dass die Stadt bei zwei Tagesmüttern nun doch die Rentenbeiträge für die drei Jahre nachzahlen will. „Gibt es da etwa eine Ungleichbehandlung?“, fragt sie sich. „Nein“, sagt Beigeordneter Roland Liebermann. „Alle Tagesmütter werden Nachzahlungen für die betreffenden Jahre erhalten.“
Zu den Vorwürfen, das Jugendamt drohe den Tagesmüttern mit Entzug der Pflegeerlaubnis, sagt Liebermann: „Ich kann dazu nichts sagen. Das ist eine Sache der Jugendamtsleiterin. Ich war nicht dabei. Es ist aber Quatsch, dass wir die Kinder nicht mehr an die Tagesmütter vermitteln.“
Dass die Stadt einen Fehler bei der Gestaltung der Verträge gemacht hat, mag Liebermann so nicht sagen — meint aber: „Wir müssen jetzt noch einmal die Inhalte der Verträge überprüfen. Denn wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass es keinen Sinn macht, den Vertragsabschluss an die Erteilung einer Pflegeerlaubnis zu koppeln.“
Was das konkret für die Tagesmütter bedeutet und ob der alte Vertrag seine Gültigkeit bis dahin behält, müsse geprüft werden. „Es kann aber auch sein, dass wir vielleicht gar keinen Vertrag brauchen, sondern dass Richtlinien reichen.“